Ganzheitliche Vorsorge

„Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?
So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.“ (Lk 12, 20-21)

18. Sonntag im Jkr.

Predigt zum Ausdrucken

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

„Vorsorge“ wurde in den letzten Jahren zu einem Wirtschaftsbegriff. Die Unternehmer aus verschiedenen Branchen haben damit auf die Entwicklung in der Gesellschaft reagiert.

Denn sie merkten, dass gewisse Lebensbereiche, wie Pflege im Alter oder sogar Vorbereitung auf den Tod, die bisher für Aufgabe und Kompetenz der Familie gehalten wurden, in diesem Kreis nicht immer wahrgenommen werden können. Trotzdem braucht jeder Mensch das Gefühl, in Ruhe alt werden und auch würdig sterben zu können. Die Banken und die Versicherungsinstitute haben darauf mit Geldanlagen und Fonds reagiert, um die materielle Sicherheit zu garantieren. Der Staat bemüht sich um Einrichtungen wie Altenheime, mobile Pflege bis hin zur Hospizbetreuung.

So gut und wichtig all diese Bemühungen sind, sie lösen nicht alle Probleme und werfen auch einige Fragen hinein, wie z.B.: Reicht zum geglückten Altwerden das Wissen, dass man bis zum Lebensende von professionellen Kräften betreut wird? Oder, garantiert die medizinische Versorgung, die den Menschen schmerzfrei hält, automatisch das Gefühl der Sicherheit angesichts des Todes?

Die Begegnungen mit den Menschen, die sich in der letzten Lebensfase befinden, machen uns bewusst, dass die materielle und körperliche Versorgung noch nicht alles ist. Gerade im hohen Alter, wo die Gestaltung des Alltags zwangsläufig auf das Wesentliche reduziert ist, wird die Sehnsucht nach Beziehungen zu Familienmitgliedern und zu Freunden besonders wichtig. Die größten Ängste entstehen dabei nicht im Hinblick auf den nicht ausreichend gefüllten Kühlschrank, sondern auf die Möglichkeit vergessen zu werden und einsam zu sein. Diese Erfahrung ist für uns eine Herausforderung, weil sie einige Absicherungen in Frage stellt und unseren Blick auf andere Werte richtet, als die, die in der Werbung propagiert werden.

Mit einer ganzheitlichen Lebens- und Altersvorsorge beschäftigen sich die heutigen Lesungen. Sie fragen nach dem Bleibenden und Beständigen, und machen darauf aufmerksam, dass vieles trotz einer großen Anstrengung verloren geht.

Windhauch nennt Kohèlet die angehäuften materiellen Güter, die am Ende einem anderen übergeben werden. Windhauch nennt er die Sorge und den Ärger, die den Schlaf rauben und den Geist nicht zu Ruhe kommen lassen.

Dummheit nennt Jesus im Evangelium eine Haltung, die in der materiellen Absicherung das Lebensziel sieht. Als Narr bezeichnet er den Menschen, der glaubte, durch die Anhäufung von Reichtum für sich endgültig vorgesorgt zu haben.

Nichts kann über die Grenze des Todes hinaus mitgenommen werden. Nichts? … Oder doch? Nichts Materielles kann über den Tod hinaus mitgenommen werden aber jede und jeder geht mit seiner Beziehungsgeschichte in den Tod hinein. Alle gehen dem Tod entgegen mit einem Blick entweder nach unten, weil sie auf das Irdische gesetzt haben oder nach oben, weil ihre Hoffnung mit Christus verbunden ist. Alle gehen dem ewigen Schöpfer entgegen, der uns einlädt, auf die unvergänglichen Schätze wie Liebe, Gerechtigkeit und Frieden zu setzen.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

damit eine Vorsorge einem Menschen den inneren Frieden bis zum Tod garantiert, muss sie sich durch ihre Ganzheitlichkeit auszeichnen. Sie muss auf den Leib und auf die Seele ausgerichtet sein, auf den Menschen der ein körperliches und ein geistiges Wesen ist. Darum kann sie weder von den Wirtschaftsleuten noch vom Staat zufriedenstellend angeboten und schon gar nicht übernommen werden.

Die echte Lebensvorsorge ist eine Lebensaufgabe, die uns allen auferlegt wurde. Sie ist ein Bemühen um die tragfähigen Beziehungen zu den Mitmenschen und zu Gott, dem Ewigen und Unvergänglichen. Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, für das Ende des Lebens so vorzusorgen, dass wir dem Tod in Ruhe und im Frieden entgegen gehen können. Ich wünsche uns, dass wir auf solche Werte setzen, die weder mit dem Windhauch noch mit der nächsten Wirtschaftskrise verschwinden, sondern uns auch im Tod das glückliche Ende garantieren.

Slawomir Dadas

Pfarrer