Fürchtet euch nicht, ich bin es.

Ein düsteres Bild, das der Evangelist da zeichnet. Ein Boot weit draußen auf dem See, stürmisch mit großen Wellen. In der vierten Nachtwache, das ist so zwischen drei Uhr früh und kurz vor Sonnenaufgang, wo die Müdigkeit am ärgsten ist. Da kommt ein Gespenst über die Wellen daher. Angst erfüllt die Jünger, bis Jesus sich zu erkennen gibt. Fürchtet euch nicht, ich bin es. Habt Vertrauen.

Dann kommt wieder einmal Petrus. Er handelt, wie wir es von ihm aus den Evangelien gewohnt sind – und so, wie wir selber oft sind. Große Klappe, und wenn es darauf ankommt, dann kommt das Versagen. Er steigt aus dem Boot, er geht auf dem Wasser, bis er kläglich untergeht.

Und um die Düsternis komplett zu machen werden wir damit auch noch an unseren mangelnden Glauben erinnert. Nein, wir können nicht auf dem Wasser gehen, nein, wir können nicht Berge versetzen. Die Schlussfolgerung daraus: wir glauben nicht, nicht richtig, nicht genug.

Aber ich möchte dieses Evangelium anders verstehen, ganz anders. Sie haben es sicher erlebt oder waren wenigstens dabei, wenn ein kleines Kind seine ersten Schritte macht. Die Mutter oder der Vater steht ein paar Meter vor ihm und lockt: na komm doch, komm her zu mir. Und das Kind wagt es, es tapst unsicher, aber tapfer auf den vertrauten Menschen zu. Es fühlt, dass ihm nichts passieren kann, es weiß, dass es aufgefangen würde.

Und in dieser Art gesehen, denke ich, ist Petrus nicht der Versager, als der er in den Evangelien oft erscheint. Nicht der, der uns an unsere menschliche Schwäche so nachdrücklich erinnert. Hier gibt er uns ein großartiges Beispiel vor.

Jesus ruft ihn und er setzt die Tat, er geht aufs Wasser voll Glauben und voll Liebe zu diesem Jesus. Und voll Vertrauen, dass ihm nichts passieren wird, dass er aufgefangen wird. Und genau so geschieht es.

Jesus ruft auch uns. Nicht als Gespenst auf dem Wasser, und wahrscheinlich auch nicht im Traum oder in einer Privatoffenbarung. Wie wir in der ersten Lesung gehört haben: Gott ist nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer- Gott ist sanft und leise. Aber wir wissen durchaus oft, dass wir eigentlich gerufen sind, berufen sind. Wir spüren, dass wir etwas tun sollten, dass wir Taten setzen sollten. Dass wir vielleicht neue Wege gehen sollten. Wir haben Angst, wir wagen es nicht. Das Aussteigen aus dem Boot ist uns nicht möglich.

Aber Christus sagt: vertrau mir, ich bin da, wenn du mich brauchst. Ich werde dich nie im Stich lassen. Ich habe dich gerufen. Glaub mir, dass ich alles in deinem Leben, so verdreht, so schwierig, so schmerzhaft es auch verlaufen mag, zum Guten wenden werde.

Wir sind Kleingläubige, so wie Petrus. Aber Jesus hat den Petrus schon lange gepackt und festgehalten, bevor er ihn wegen seiner Kleingläubigkeit ermahnte. Wir werden immer wieder von Angst, von Zweifeln, von Furcht überfallen werden. Aber wir können darauf vertrauen, dass da einer ist, der achtsam bei uns ist und der uns am Ende des Weges liebevoll auffängt.

Rudolf Bittmann
Diakon