Aktiv sein, gerecht, friedlich und menschlich

„In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen. Da kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.“ Mk 9, 2-7

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

das Wort „aktiv“ verwenden wir in verschiedenen Lebensbereichen. Bei einem Engagement eines Menschen sagen wir: Er oder sie ist in der Pfarre, im Verein, bei der Feuerwehr aktiv. Damit meinen wir eine bestimmte Aufgabe, die jemand in und für eine Gemeinschaft übernommen hat.

Aktiv in der Freizeit meint, dass jemand kaum zu Hause ist, sondern ständig unterwegs, immer wieder etwas Neues sucht, neue Ideen entwickelt, um etwas zu erleben, zu entdecken. Nachtaktiv ist wieder jemand, der nicht schlafen kann und unterwegs ist, gerade dann, wann die anderen ihre Bettruhe genießen. Aktiv sein ist ein Zeichen der Vitalität, des Willens, am Leben teilzunehmen, es immer mehr zu entdecken und zu gestalten. Passivität meint das Gegenteil: nämlich eine Haltung, in der jemand nicht gestaltet, sondern in vielen Situationen über sich bestimmen lässt, mit dem Strom schwimmt, zu allem geschoben werden muss.

Ich möchte hier nicht beurteilen, welche Haltung besser ist, weil ich glaube, dass in den privaten Bereichen wie Urlaubs- und Freizeitgestaltung jede und jeder dem eigenen Herzen und dem eigenen Naturell folgen sollte. Es gibt aber Situationen, in denen es nicht zur Wahl steht, ob wir passiv oder aktiv sind. Es gibt Zeiten und Bereiche, die es nicht zulassen Aktivität und Passivität als gleichwertig zu betrachten.

Friede, Versöhnung, Gerechtigkeit und Menschlichkeit verlangen von uns einen aktiven Einsatz. Denn wer nur passiv für den Frieden ist, schaut automatisch zu, wie Menschen im Krieg sterben. Wer nur passiv für Versöhnung ist, unterstützt indirekt die Verhärtung und den Hass. Wer passiv für Gerechtigkeit ist, ist ein Teil des ungerechten Systems. Und wer nur passiv für die Menschlichkeit ist, wird selber einst die Unmenschlichkeit erfahren. Es gibt Lebensbereiche, die es nicht zulassen, dass man zuschaut, schweigt, die Meinung vertritt: man kann eh nichts machen.

Dort, wo es um Frieden, Versöhnung, Gerechtigkeit und Menschlichkeit geht, ist immer Aktivität gefragt; ein klarer Einsatz, ein Aufstehen von dem warmen Sofa, ein Ende des Zuschauens, wo Menschen ausgebeutet und ungerechte Strukturen aufgebaut werden. Der Einsatz für Frieden, Versöhnung, Gerechtigkeit und Menschlichkeit ist manchmal unbequem, unpopulär, verbunden mit persönlichen Einschränkungen. Er ist aber ein untrennbarer Teil der christlichen Botschaft, des Glaubens an Gott der Liebe und der Barmherzigkeit.

Die Katholische Frauenbewegung macht uns beim diesjährigen Familienfasttag aufmerksam. Das traditionelle Suppenessen und die damit verbundenen Spenden sind ein Zeichen dafür, dass uns die Menschen in den Krisenregionen nicht egal sind. In einer global vernetzten Welt kann man sich nur schwer darauf ausreden, dass ich von der Not der anderen nichts gewusst hätte und schon gar nichts zu ihr beitrage. Wir alle sind ein Teil des Systems, in dem Menschen ungerecht bezahlt und von den sozialen Leistungen ausgeschlossen werden, in dem Mädchen zu Gewaltopfern und zur Sklavenarbeit gezwungen werden.

Aktiv sein. Die Stimme dagegen zu erheben, sich von dem Schicksal berühren zu lassen und sich dafür einsetzen, dass das eine und das andere Leben gerettet, gerechter, friedlicher und dadurch menschlicher gestaltet wird.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Fastenzeit ist keine Zeit der Sorge um sich selbst, um die eigenen Kilos, die eigenen Abhängigkeiten. Die Fastenzeit ist die Sorge um die Kilos so vieler Kinder, die unterernährt sind, die Sorge um die Abhängigkeiten der Ärmsten von ihren Ausbeutern.

Sie ist die Zeit der Aktivität für eine bessere, liebevollere Welt, in der jede und jeder als Kind Gottes gesehen und behandelt wird. Sie ist die Zeit des Aufstehens gegen alle ungerechten Strukturen, die dem Menschen seine Würde rauben.

Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, dort aktiv zu werden, wo unsere Glaubensüberzeugung gefragt wird. Ich wünsche uns, dass wir der Aktivität des Bösen in der Welt die Aktivitäten des Guten entgegensetzen und dadurch die Welt ein wenig friedlicher, versöhnter, gerechter und menschlicher machen.

Slawomir Dadas
Pfarrer