Gerechtigkeit – der Blick auf die Schwächsten

Im letzten Fastenimpuls 2019 am 02.04.2019 widmete sich Pfarrer Slawomir Dadas dem Thema „Gerechtigkeit – der Blick auf die Schwächsten“.
 

Umgangssprachlich wird der Begriff Gerechtigkeit durch das Verhalten eines Menschen gegenüber anderen definiert. Gerecht im Sinne der Verteilung von Gütern ist es, jedem so viel zu geben, wie er braucht. Im religiösen Leben wird jemand als gerechter Mensch empfunden, wenn er Anteilnahme zeigt und Religiöses, Karitatives leistet. Gesellschaftspolitisch wird Gerechtigkeit als Tugend eines Menschen verstanden, der andere achtet, mit ihnen gerecht umgeht und ihnen nichts abspricht, was ihnen zusteht. Juristisch betrachtet, gelten jene Personen als gerecht, die sich nicht strafbar gemacht haben. Aus sozialer Sicht schließlich sind Menschen dann gerecht, wenn man sich von ihnen erwarten kann, dass sie sich an Vereinbarungen halten. Gerechtigkeit wird also meist in Rastern gemessen und daran, ob Versprochenes, Zugesagtes erfüllt wird.

Gerechtigkeit im biblischen Sinn ist zu allererst ein Attribut Gottes. Der Mensch selbst ist nicht von Grund auf gerecht. Er ist ein Sünder und braucht Gott zur Gerechtigkeit, indem er sich auf Gott einlässt und sein Leben entsprechend gestaltet. Gottes Gerechtigkeit ist die Quelle von Recht und Ordnung. Seine Gesetze und Gebote sind „Hinweisschilder“ zu einem Leben in Gerechtigkeit. Der Segen Gottes wird erlebbar, weil Gott die Menschen beschenkt und segnen will.

Im Alten Testament gilt die Erfüllung der Gesetze und Gebote als Garantie für das Überleben der Familie und Gemeinschaft des Volkes Israel durch Solidarität. Für den Einzelnen ist es selbstverständ­lich zur Gerechtigkeit beitragen zu müssen, um das Wohl des Volkes zu sichern. Gott stellt sich auf die Seite der Armen und Unterdrückten, er hört ihre Schreie und befreit sie aus der Knechtschaft in Ägypten. Sie dürfen damit seine Gerechtigkeit erfahren.

Gerechtigkeit gilt als königliche Tugend im Sinne eines gerechten Beurteilens aller Menschen und des Einsatzes für jene, die am Rande der Gesellschaft leben.

Jesus wurde gesandt, um Gerechtigkeit greifbar zu machen. Er kommt zuerst zu den Schwachen und Kranken und ist somit parteiisch für jene Menschen, für die niemand sonst eintritt. Göttliche Gerechtigkeit führt die Menschen zur Gerechtigkeit und ewigem Leben. Wo Menschen ihr Leben nicht nach Gerechtigkeit ausrichten sondern im Unheil gestalten, folgen Sünde und Tod. Jesus ist gekommen, um sich gegen Sünde und Ungerechtigkeit zu stellen und ungerechte Systeme zur Gerechtigkeit zu führen. Gerechtigkeit als gläubige Hinwendung zu Jesus wird erkennbar, wo jemand lebt, wie er gelebt hat und damit als Mensch gerecht wird. Gerechtigkeit im Glauben beurteilt nicht, sie stellt sich auf die Seite der Armen. Gerechtigkeit ist eine Haltung, ein Beschenktwerden durch Gott, ohne Erwartung einer Gegenleistung. Gott rechnet nicht, er vergleicht nicht. Er liebt und ist barmherzig.

Wer nicht gleichgültig ist, sich von der Not der anderen berühren lässt, die Schreie der Armen hört, sich nicht auf Kosten anderer profilieren will, Gutes von Bösem zu unterscheiden weiß, sich der eigenen Würde bewusst ist und die Würde anderer nicht verletzt, die eigenen Leistungen und Taten nicht abwiegt und sich für ein ausgewogenes Leben in seiner Umgebung einsetzt, ist auf dem besten Wege dazu, das Leben Jesu ein Stück weit im eigenen Leben zu verwirklichen.

Text: Birgit Breitwieser