Kraft aus dem Gebet

„Sie verließen sogleich die Synagoge und gingen zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr und sie diente ihnen. Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war. In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten. Simon und seine Begleiter eilten ihm nach, und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich. Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen. Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus.“ Mk 1, 29-39

Ijob, dieser von Gott so überaus schwer geprüfte Mensch des Alten Testaments spricht voll Bitterkeit zu Gott über das Elend seines Lebens. Er vergleicht es mit einem Weberschiffchen. Es schießt unermüdlich hin und her bis der Faden aus ist, abgeschnitten wird. Eine zutiefst deprimierende, traurige Feststellung über sein Leben, die Ijob da trifft. Aber ist das nicht auch ein sehr passendes und gleichzeitig so sehr bedrückendes Bild für unser Leben?.

Alles ist schnell, die Zeit rast. Kaum hat das Monat begonnen ist es auch schon wieder zu Ende. Ein Termin folgt dem nächsten, eine Aufgabe der anderen. Das Gefühl, ohnehin nie zu einem Ende zu kommen breitet sich aus und verursacht noch mehr Anspannung. Wir funktionieren nur mehr, sind hineingefesselt in Abläufe, gegen die wir nichts tun  können.

Dabei sollte man meinen, gerade jetzt, in der Zeit der Pandemie, wo wir von einem Lockdown zum nächsten stolpern, wo wir Kontaktbeschränkungen auf uns nehmen müssen, nicht einmal richtig einkaufen können, gerade jetzt sollte es doch leichter fallen einen Gang zurück zu schalten.

Aber das Gegenteil ist der Fall. Manche Berufsgruppen müssen bis zum Umfallen arbeiten, andere müssen ihre Arbeit im Homeoffice von zu Hause aus erledigen und niemand kümmert sich darum, ob da genug Platz ist und genügend technische Ausstattung. Gleichzeitig sind die Kinder nicht in der Schule, sondern im Homeschooling und sollten beaufsichtigt und betreut werden. Auch hier wird teure technische Ausstattung vorausgesetzt und verursacht bei den Eltern Anspannung oder Traurigkeit, es nicht schaffen zu können.

Und für wieder andere verläuft das Leben plötzlich absolut gleichförmig ohne Höhe- und Tiefpunkt und erstickt jede Kraft zur eigenen Initiative. Stress, der Krankmacher unserer Zeit treibt uns um, unbewusst zwar aber bedrohlicher als Corona. Ist die Lage also ausweglos? Jesus gibt uns im Evangelium eine Lösung mit auf den Weg.

Als er die Schwiegermutter des Petrus heilt bringen die Leute von überall her Kranke und Leidende zu ihm, denen er auch helfen soll. Und Jesus tut das auch, aber er tut es nicht endlos. Er zieht sich kurz zurück, hält inne, richtet sich neu aus. Das ist etwas, das die Jünger nicht verstehen: „Was tust du da, Alle suchen dich!“ Was tut er wirklich? Er hat Zeit, er nimmt sich Zeit. Er hat eine Quelle, aus der er schöpfen kann, die ihm Kraft gibt. Das Gebet zum Vater.

Diese Quelle steht auch uns offen. Es ist nicht schwierig, nicht aufwendig, braucht nicht viel Zeit. Nur ein paarmal ein paar Minuten am Tag. Beten verlangt nicht komplizierte Gedanken oder geschliffene Formulierungen. Einfach nur da sein vor Gott, offen sein, hinhören auf das, was er uns mitteilt und er teilt sich uns schon mit, ganz sicher. So können wir uns neu orientieren, behalten das Ziel im Auge, richten uns aus und lassen uns ausrichten. Nicht mehr wie ein willenloses, getriebenes Weberschiffchen, sondern als geliebte Geschöpfe Gottes. Eigentlich ganz einfach. Ich muss nur ein bisschen Zeit dafür haben, besser, ich muss sie mir nehmen.

Rudolf Bittmann
Diakon