Die Herrlichkeit Gottes

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

wenn man das Weihnachtsfest von allen Bräuchen bereinigt, dann bleibt für den 24. und 25. Dezember in Wirklichkeit nicht sehr viel übrig. Da bleibt die Geburt eines Kindes, indem man Gott erkennen sollte, dann bleibt die für uns ungewohnte Idee, dass Gott nicht zuerst von den Staatsmännern und Machthabern, sondern vom Volk begrüßt werden will, und dann bleibt noch die Wärme, die aus der Krippe strahlt, die aber nichts mit Glanz und Glamour zu tun hat, sondern wenn schon, dann mit der innigen Beziehung, die dort gelebt wird.

Bei uns wird Weihnachten nicht selten als ein Familienfest gesehen. Natürlich ist es schön und nicht ganz verkehrt, dass man gerade auch zu Weihnachten die eigenen familiären Beziehungen in den Mittelpunkt stellt, aber Weihnachten hat damit eigentlich nicht viel zu tun. Vielleicht erweckt das Bild des Paares mit dem Kind die Sehnsucht nach einer heilen Welt gerade auch in den Familien, aber ich möchte alle entspannen, die es nicht so erlebt haben.

Denn zu Weihnachten geht es um die Herrlichkeit Gottes, die in die Welt eintritt und um die Menschen, die sich auf sie öffnen und sich von ihr berühren lassen. Es geht um meine ganz individuelle Entscheidung, mit Familie oder auch ohne Familie, in der Geburt Jesu die Herrlichkeit Gottes zu erkennen, sie zum Antrieb meines Lebens zu machen und dadurch als Kind Gottes mitten in der Welt zu leben.

Aber was ist so herrlich in der Geburt im Stall, wenn mit der Herrlichkeit immer die Größe, Macht, Kraft, Heiligkeit und die Ehre Gottes gemeint waren? Was ist so herrlich an der Geburt des Kindes, das den ersten Willkommensgruß auf der Erde von den untersten Schichten der Gesellschaft bekommen hat?

Muss man vielleicht die Herrlichkeit Gottes gerade in der Geburt Jesu neu deuten? Muss sie anders verstanden werden, als eine angsteinflößende Machterscheinung, vor der man sich niederwirft und der Gnade Gottes ausgeliefert ist?

Im Wissen, dass die biblische Herrlichkeit Gottes, die man mit solchen Begriffen wie erhaben, vornehm, glanzvoll, beschreiben könnte, vor allem im Unterschied zur Menschlichkeit dargestellt wird, möchte ich sie ein wenig anders deuten.

Denn die  Herrlichkeit Gottes zu Weihnachten bedeutet für mich, dass die Größe Gottes woanders zu suchen ist, als wir es manchmal gewohnt sind. Es ist herrlich, dass Gott in das Weltgeschehen hineintritt, wie die meisten der damaligen Zeit: ohne Privilegien. Es ist herrlich, dass er nicht auf Reichtum, Macht und Ruhm setzt, sondern auf die Liebe, die ihn vom Anfang an umhüllt und begleitet. Es ist herrlich, dass er sich nicht über die Menschen stellt, sondern uns im solidarischen Leben zeigt, wie man ein wahrer Mensch wird. Es ist herrlich, dass er die Menschen nicht in Klassen und Rassen einteilt, sondern alle zu Kindern Gottes machen will. Es ist herrlich, dass Gott in Welt hineintritt, um Menschen zu einer großen Familie Gottes zu machen. Es ist herrlich, dass er die Dunkelheit beim Namen nennt und uns dadurch den Weg des Lebens erleuchtet. Es ist herrlich, dass er oft anders denkt, plant und handelt, als wir es getan hätten. All das ist herrlich, all das ist die Herrlichkeit Gottes, die sich gravierend vom menschlichen Streben nach Macht und Ruhm unterscheidet.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

ich habe gesagt, dass es beim Weihnachtsfest um die Herrlichkeit Gottes und um den Menschen geht, der sich davon berühren lässt. Die Herrlichkeit haben wir ein wenig geklärt, aber jetzt geht es darum, sich auf den Weg mit Gott einzulassen und ihn konsequent zu gehen. Weihnachten ist ein Fest der ersten Schritte mit Gott, der uns ganz nahe sein will und der uns seine Begleitung anbietet. Ich wünsche uns allen, dass wir im Kind von Bethlehem den herrlichen Gott mit seinem herrlichen Wirken finden. Ich wünsche uns, dass wir uns von ihm berühren lassen und als dankbare, liebende und leuchtende Kinder Gottes in der Welt leben.

Slawomir Dadas
Pfarrer