Christi Himmelfahrt

„Aber unser Gott will keine Menschen, die das Denken und das Entscheiden verweigern. Er will keine Mitläufer, die sich ausschließlich auf bestimmte Autoritäten berufen und selbst vor der Verantwortung flüchten.“
Das war eine der zentralen Aussagen der Predigt von Pf. Slawomir Dadas zum Fest Christi Himmelfahrt.

Predigt zum Ausdrucken

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

jede und jeder von uns hat bereits die Erfahrung des Abschieds gemacht: Abschied von einer Schule, wenn man ins Berufsleben eingestiegen oder von der Arbeit, wenn man in Pension gegangen ist. Im persönlichen Bereich haben wir Abschiede gefeiert, als wir von Zuhause ausgezogen sind und unsere Kindheit zurücklassen mussten, oder als jemand von den Nachbarn umgezogen ist. Manchmal war ein Abschied mit Unsicherheit verbunden; mit der Frage wie es weitergehen sollte, manchmal haben wir uns auf ihn gefreut und ihn richtig gefeiert.

Auch der Tod zwang uns hier und dort, Abschied zu nehmen. Er forderte uns heraus und – ob wir es wollten oder nicht – war er ein Grund dafür, dass wir uns umstellen und unser Leben neu ordnen mussten. Denn manchmal bedeutet ein Abschied einen Neustart und eine Chance, die es zu ergreifen gilt.

Das Fest „Christi Himmelfahrt“ ist ein Fest des Abschieds, der von seinen Jüngern mit gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. Dabei halfen die Ankündigungen und Versicherungen Jesu, dass er einen Tröster – die Gabe des Vaters – zu ihnen senden wird, nicht viel. Zwar steht im heutigen Evangelium, dass sie voller Freude nach Jerusalem zurückkamen, aber wir kennen auch die Beschreibungen aus der Apostelgeschichte, wo sie als verängstigte und hinter verschlossener Tür Versammelte dargestellt sind.

Dieser Abschied war ihnen nicht ganz geheuer. Die Frage, was sie jetzt mit den gemachten Erfahrungen machen sollen, beschäftigte sie: mit den Heilungen, mit der vergebenden Haltung Jesu, mit der Absage an die Gewalt, an die Machtgelüste, mit der Zuwendung zu den Ärmsten und Ausgestoßenen, mit der Liebe des Nächsten bis zum eigenen Tod?

Sie hätten lieber, dass er noch mit ihnen gehen könnte, sie hier und dort ermahnen würde, wenn sie wieder über die ersten Plätze im Leben und im Himmelreich – also um die eigene Größe – streiten würden. Sie würden sich gerne noch gefallen lassen, dass er sie als Kleingläubige und Unvernünftige, oder sogar wie damals bei Petrus als Satan bezeichnen würde. Wenn er nur noch mitten unter ihnen sein könnte. Wenn er noch einige Jahre bleiben würde, bis sie alles so richtig verstanden haben, um in die Zukunft zu gehen. Ja sie würden sich sogar gerne in die Schranken weisen lassen, nur um die Sicherheit zu haben, dass sie sich auf dem richtigen Weg befinden. Sie wären gerne Kinder geblieben, ohne Selbstständigkeit, aber dafür beschützt und behütet und mit dem Vertrauen, dass der Herr alles für sie regelt.

Aber unser Gott will keine Menschen, die das Denken und das Entscheiden verweigern. Er will keine Mitläufer, die sich ausschließlich auf bestimmte Autoritäten berufen und selbst vor der Verantwortung flüchten. Er will freie Menschen, die an seinen Geist mitten in der Welt glauben und voll Zuversicht nach vorne gehen. Er will Menschen, die aus in seinem Geist für die neuen Zeiten neue Lösungen suchen.

Christi Himmelfahrt ist ein Fest des großen Vertrauens Gottes zu den Menschen, die nicht zu den größten gehören und nicht perfekt sein müssen, die aber bereit sind, seine Frohe Botschaft zu leben und weiter zu geben, also ihre Zeugen zu sein. Christi Himmelfahrt ist ein Fest des Abschieds von einem kontrollierten zu einem mutigen und herausfordernden Glauben. Es ist ein Fest des Erwachsenwerdens und der Übernahme der Verantwortung für all das, was Jesus vorgelebt und verkündet hatte.

Wenn wir dieses Fest in unserer Zeit feiern, dann müssen wir uns fragen, ob wir auf allen kirchlichen Ebenen zum Abschied bereit sind, um aus dem scheinbar bisher sicher strukturierten Leben in eine neue – aber ungewisse Zukunft – aufzubrechen. Wir müssen uns fragen, ob wir uns nicht so verhalten, als ob wir noch auf dem Berg stehen und in den Himmel schauen würden, statt die Aufgabe zu erfüllen: Zeugen der Liebe Gottes zu sein.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Christi Himmelfahrt ist ein Fest der Beendigung der Pubertät im Glauben. Es ist ein Fest der Übernahme der Verantwortung für die Verkündigung der Botschaft Jesu in einer neuen Zeit unter den neuen, veränderten Bedingungen. Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, an die Gabe Gottes – den Heiligen Geist unter uns – zu glauben und aus ihm zu handeln. Ich wünsche uns, dass wir den Mut aufbringen, als mündige Kinder Gottes die Welt und die Kirche neu zu gestalten.