Traut euch beten!

„Wenn wir beten schenkt Gott uns keine materiellen Dinge,sondern den heiligen Geist“ sagte Diakon Rudolf Bitmann in seiner Sonntagspredigt. Und mit diesem Geist dürfen wir uns Alles trauen, auch beten!
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25. Juli 2010, 17. Sonntag i. Jkr.
Lk 11,1-13

Fabian, unser 5-jähriger Enkel, hat vor einiger Zeit zu seiner Mutter gesagt: „ich würde so gern beten, aber ich traue mich nicht“.
Das könnte man jetzt einfach als lustigen Spruch aus Kindermund abtun. Es ist aber auch Grund genug, nachdenklich zu werden. Warum sollte man Angst vor dem Beten haben. Sollte es nicht selbstverständlich sein, alltäglich, gar ganz gewöhnlich?  Nun, Fabian ist sehr aufgeweckt, er macht sich seine eigenen Gedanken. Wie kommt er da drauf: Angst vorm Beten – ist da was falsch gelaufen? Haben wir, die Eltern, die Großeltern, etwas falsch gemacht?
Im heutigen Evangelium sagt der Jünger: „Herr, lehre uns beten“. Das ist ja auch eigenartig. Die Jünger waren allesamt gläubige Juden, und die hatten natürlich ihre Gebete, die hatten ihre Form, zu Gott zu sprechen. Allerdings war dieser Gott  von den Pharisäern und Schriftgelehrten vereinnahmt worden, reguliert, fest gemacht worden. Jesus ist dagegen energisch aufgetreten. Der Gott, von dem er gesprochen hat, und zu dem er gesprochen, zu dem er gebetet hat, war ein ganz anderer. Jetzt waren die Jünger total verunsichert. Ihre Gebete passten nicht mehr. Vielleicht ist da auch so etwas entstanden wie: ich möchte beten, aber wie? Ich traue mich nicht.
Jesus folgt dem Wunsch der Jünger und lehrt sie: wenn ihr betet, so sprecht: Vater. Vater – sie können ohne weiteres auch Mutter einsetzen. Vater – Mutter, die Bezeichnung, der Name für das, was uns Menschen am nächsten, am nahestehendsten ist. Und gleichzeitig ein Begriff für unsere Herkunft, für unsere Abstammung.
Lassen wir das auf uns wirken. Was kann man Schöneres über Gott erfahren?.
Jesus geht in seiner Lehre noch einen Schritt weiter. Ihr dürft, ihr sollt auch bitten in euren Gebeten: Bittet, dann wird euch gegeben; klopft an, dann wird euch aufgetan!
Eine klare Aufforderung. Aber deckt sich das mit unserer Erfahrung? Was hat jeder von uns schon gebetet, erbeten, im Gebet erfleht, und wie viel davon ist nicht in Erfüllung gegangen. Ist beten nutzlos. Haben wir Angst davor, dass ohnehin nichts in Erfüllung geht?
Klar, wir können uns auch immer wieder dabei ertappen, dass wir Unsinniges erbitten. Alles, was in irgendeiner Konsequenz zum Nachteil anderer werden könnte, das könnte Gott gar nicht erfüllen. Er liebt alle seine Kinder gleich. Der Schüler oder Student, der um Erfolg bei einer Prüfung betet, der wird damit allein nicht durchkommen – da wäre lernen angesagt gewesen. Gott wirkt nichts, was wir selber lösen könnten.  Und bei so Gebeten um eine Lottogewinn oder ähnliches fühlen wir selbst, dass das nur egoistisch ist.
Wenn wir um etwas bitten, und es geht nicht in Erfüllung, dann trösten wir uns oft damit, dass wir uns sagen: Gott wird schon wissen, was für uns besser ist, dass wir später einmal erkennen, warum ein Mensch sterben musste, warum eine Beziehung zerbrochen ist, warum dieses Unglück, jene Katastrophe passieren musste. Das wäre eine Antwort darauf, warum Gott unser Gebet nicht erhört. Weil er es eben besser weiß, was den Menschen gut tut.
Wiederum eine mögliche Reaktion von uns darauf wäre, dass wir aufhören zu beten, weil Gott ohnehin nicht tut, was wir wollen. Dass wir uns nicht mehr trauen, zu beten, weil wir ja nicht wissen, was dabei heraus kommt.

Wenn wir beim Evangelium bis zum Schluss aufmerksam zugehört haben, dann ist die Lösung eine ganz andere. Gott vergibt auf das Gebet hin nicht Brot, nicht Fische und nicht Eier, keine materiellen Gaben. Er gibt denen, die ihn bitten, den Heiligen Geist.
Den Heiligen Geist, der uns die Kraft gibt, in der Hoffnung zu leben, der die Kraft gibt, voll Vertrauen auf die Zukunft in Gott zu setzen. Den Heiligen Geist, der uns im Alltag die kleinen Schritte auf dem Weg zum Leben lehrt.
Wenn wir beten, dann hört uns Gott und er gibt uns den Heiligen Geist. Er gibt uns die Zuversicht, dass wir einem heilen Leben entgegengehen.
Wir dürfen uns ruhig trauen, zu beten, genau so wie der Fabian sich trauen darf. Gott hat keine Winkelzüge. Er schenkt uns den Heiligen Geist, und mit dem brauchen wir keine Angst mehr zu haben. Vor gar nichts.