Auf das Heil Gottes angewiesen

„Gott, der Herr, rief Adam zu und sprach: Wo bist du? Er antwortete: Ich habe dich im Garten kommen hören; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe? Adam antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben und so habe ich gegessen. Gott, der Herr, sprach zu der Frau: Was hast du da getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt und so habe ich gegessen. Da sprach Gott, der Herr, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse.“ (Gen 3,9-15)

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

stellen Sie sich folgende Situation vor: Als Mutter oder als Vater kommen Sie zu einem Streit Ihrer Kinder dazu. Das haben Sie schon öfters erlebt. Sie müssen schlichten und darum wollen Sie zuerst den Grund der Auseinandersetzung erfahren.

„Was ist da los?“ – „Er hat mich geschlagen!“ –„Ja aber sie hat angefangen!“ „Nein, du hast mich zuerst geschubst!“ „Ja, weil du zu mir gesagt hast, dass ich blöd bin.“ „Ja aber du hast mich nicht zum Computer gelassen.“ „Ja, weil ich jetzt darauf spiele.“ „Aber Du hast schon zwei Stunden gespielt.“ „Das stimmt nicht, ich musste dazwischen aufs Klo ….“

Als Mutter oder als Vater stehen Sie ratlos da. Es wäre Ihnen lieber, wenn sich die Kinder vertragen würden. Wenn sie sich aber nun schon streiten mussten, dann wären Sie froh, wenn Sie wenigstens wüssten, wer angefangen hat und warum. Denn dann könnten Sie ein gerechtes Urteil fällen. So aber müssen Sie sich auf Ihre Intuition verlassen, die nicht immer richtig sein muss. Und es könnte passieren, dass Sie eine Entscheidung treffen, die einem der Kinder nicht gerecht wird.

Ich kann Sie aber vielleicht ein wenig trösten. Sie können weder dem Streit noch dem einen oder dem anderen falschen Urteil entrinnen. Sie müssen mit ihnen leben, weil diese die Auswirkung der Erbsünde sind. Wir können uns nicht frei spielen von der Verflechtung in die Sünde: von der Gewalt, die wir anderen antun, vom Teufelskreis der Lüge und der Ausreden, die unser Leben prägen, vom Drang, die anderen für sich auszunützen oder von der Versuchung, der Bequemlichkeit und den weltlichen Götzen mehr Raum im Leben zu geben, als dem einzigen Gott. Wir stecken mitten drinnen. Wenn wir uns aber bewusst werden, dass es so ist, dann sind wir auf dem Weg zum Heil. Natürlich nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Zuwendung zu dem, der die Macht hat, uns zu erlösen. Denn wir sind im Bezug auf das Heil von Gott abhängig. Wir brauchen ihn, um den dunklen Mächten nicht zu verfallen. Wir brauchen ihn, um immer wieder zu erfahren, dass das Böse nicht das letzte Wort haben muss.

Diese Gottesabhängigkeit verbindet uns mit Maria. Auch sie wusste, dass sie sich nicht erlösen kann. Auch sie war auf das Heil Gottes angewiesen. Dieses wurde ihr aber vom Anfang an geschenkt. Welche Auswirkung hatte diese Tatsache auf ihr alltägliches Leben? Sie war bereit, den Willen Gottes anzunehmen, wie es bei der Verkündigung geschah. Sie redete nicht zurück, wenn sie etwas nicht verstanden hatte, wie bei dem Zwölfjährigen im Tempel. Sie sah die Not der Menschen und ging auf sie ein, wie bei der Hochzeit zu Kana. Sie folgte dem Sohn bis zu seiner Kreuzigung und hielt am Glauben fest, wie vor dem Pfingstfest, auch wenn alles hoffnungslos erschien.

Sie war nicht besser, sie hatte es nicht leichter, sie war anders. Sie ist mit der Sünde anders umgegangen, als wir es oft tun. Sie ist ihr nicht verfallen, sie ist ihr nicht erlegen. Sie war dem Guten zugewandt und lebte aus dem Heil und für das Heil. Sie vertraute Gott und sie konnte auch schmerzhafte Erfahrungen annehmen als solche, die nicht zwischen Gott und ihr gestanden sind.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

das uns in der Taufe geschenkte Heil stärkt uns im Kampf gegen das Böse. Die Zusage, dass auch wir zum Leben mit Gott berufen sind, macht uns bewusst, dass wir uns Maria und ihr Tun als Beispiel nehmen können. Denn Gott möchte, dass wir – wie sie – das Leben aus seiner Gnade gestalten, dann werden wir einst – wie sie jetzt – mit der Fülle des Lebens beschenkt werden.

Slawomir Dadas
Pfarrer