Taufe – ein Prozess?

Das Fest der Taufe des Herrn ist ein guter Grund, darüber nachzudenken, was Taufe eigentlich bedeutet. Wir alle sind getauft, wahrscheinlich alle als kleine Kinder. Diese Kindertaufe ist damit natürlich nicht eine Entscheidung des Menschen, der getauft wird – sie ist aber wohl eine Entscheidung der Eltern, die damit das Leben ihres Kindes in eine bestimmte Richtung lenken wollen. Die Taufe, wie wir sie heute gewohnt sind, scheint vordergründig einmal ein formaler Akt zu sein. Aber Ich bin aber davon überzeugt, dass Taufe kein singuläres Geschehen ist, einmal, und damit ist es getan. Taufe möchte ich als Prozess verstehen. Eine immer wieder neue Entscheidung zu Christus. Immer wieder deshalb, weil sich uns die Absicht, das Wollen Gottes durch die Ereignisse unseres Lebens immer wieder neu und immer wieder auch anders darstellt. Taufe, das ist etwas, das wir für uns selbst aktuell halten, neu geschehen machen müssen. 

Ein bevorzugtes Urlaubsziel von meiner Frau und mir ist die Ostsee, die Gegend von Rostock in der ehemaligen DDR. Das erste mal waren wir etwa 10 Jahre nach der sogenannten Wende dort. Es waren überall noch die Spuren der alten Missherrschaft zu sehen, schlechte Straßen, schäbige Häuser. Gleichzeitig waren die Zeichen des Aufschwungs zu sehen: Renovierung von altem Baubestand, Dienstleistung, schöne Restaurants. In der Zwischenzeit hat sich die Gegend geradezu zu einem Nobelort herausgemausert. Aber immer noch trifft man auf Menschen, die den alten Verhältnissen nachhängen. Nicht, weil damals alles so schön und so gut war, auch nicht nur, weil damals jeder vom Staat versorgt wurde, sondern auch deshalb, weil viele Menschen mit dem alten System ihre Ziele verloren haben. Sie sind falschen Anführern nachgelaufen, sie sind getäuscht worden.

Ich erinnere mich an meine Kindheit und Jugend. Als einer, der kurz nach dem Krieg zur Welt kam, habe ich immer wieder Diskussionen miterlebt, wo es darum gegangen ist, dass doch nicht alles so schlecht, nicht alles so falsch gewesen sein kann. Da war kein Großmachtstreben mehr dahinter, sondern die Trauer um die Ideale, denen man aufgesessen ist. Ideale, für die so viele ihr Leben lassen mussten, oder die das Leben ihrer Lieben geopfert haben. Für nichts, für einen Irrtum.

Wie oft werden uns heute Überzeugungen und Gewohnheiten umgestoßen. Dinge, die einem lieb und teuer geworden sind, sollen auf einmal nicht mehr gelten. Dinge, an die wir unumstößlich geglaubt haben, werden plötzlich von der Wissenschaft widerlegt.

Petrus war ursprünglich der Meinung, dass Gott sein Volk, also die Juden, doch mehr lieben müsste als alle anderen Völker. Er hat umdenken müssen – das haben wir in der Apostelgeschichte heute gehört. Er, von Jesus als Fels, als eine der Säulen der Kirche eingesetzt, er hat sich geirrt.

Paulus glaubte, die Christen verfolgen zu müssen, weil sie den Staat, den er für seinen höchsten Wert hielt, zu gefährden schienen. Er wurde eines Besseren belehrt.

„Jetzt begreife ich“, sagt Petrus.

„Jetzt erst begreife ich“ müssen wir immer wieder sagen. Fehler zugeben, Enttäuschungen eingestehen, Irrtümer einsehen, Ideale, Überzeugungen aufgeben, das alles ist furchtbar schwer. Aber auf dem richtigen Weg bleiben wir nur, wenn wir uns immer wieder neu ausrichten, wenn wir uns bemühen, den Willen Gottes immer wieder neu zu erkennen. Das ist unser Leben, und das braucht viel Kraft. Aber eines der Geheimnisse der Taufe ist, dass wir beschenkt werden, einfach so, ohne irgendeine Gegenleistung. Und eines der Geschenke ist die Kraft, auf Gott zu hören, auf Gott zu reagieren, sich nach Gott zu orientieren.

Im Evangelium sagt Gott bei der Taufe über Jesus: du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.

Du bist meine geliebte Tochter, du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden – das sagt Gott auch über jeden von uns.