Es kommt nicht auf das Ja oder Nein an

Stellen wir die zwei Söhne,von denen Jesus da erzählt, gegenüber. Und denken wir einmal nicht an die Frage Jesu, was denn das Bessere ist, sondern überlegen wir einfach, wie wir handeln. Gehören wir zu denen, die, mehr oder weniger, immer ja sagen? Man kann ja nicht einfach jemandem etwas abschlagen. Man würde die oder den beleidigen. Man will ja niemandem weh tun. Und wenn man es dann doch nicht schafft, alles Versprochene zu erfüllen: na ja, manches erledigt sich von selbst, manchmal kann man sich entschuldigen, und schließlich wird ja nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wurde.

Oder gehören wir zu denen, die mit dem Nein schnell zur Hand sind.Die sich abgrenzen, die sich nicht verpflichten wollen, nicht vereinnahmen lassen wollen. Die dafür in Kauf nehmen, jemanden zu verletzen, jemanden zurückzustoßen. Ich nehme an, dass die meisten von uns zur ersten Gruppe zählen. Zu den Ja-Sagern. Ich jedenfalls.

Jesus stellt an die religiösen Autoritäten, mit denen er schon längere Zeit im Streit liegt, die Frage, was denn das Bessere sei. Das Ja sagen und nicht einhalten, oder das Nein sagen und dann doch die Meinung zu ändern. Die Antwort, die er bekommt ist eigentlich völlig korrekt. Natürlich, der Sohn, der zuerst Nein sagt und dann doch folgt, der hat den Willen des Vaters erfüllt.

Richtige Antwort, und trotzdem kommt das vernichtende Urteil Jesu: die Zöllner und die Dirnen werden eher in das Reich Gottes gelangen als ihr, die Hohenpriester und die Ältesten. Diese Leute, die Hohenpriester, die Ältesten, die Pharisäer, die waren von ihrer Rechtschaffenheit so überzeugt, dass sie niemals auf die Idee gekommen wären, an sich etwas zu ändern. Sie hatten keine Grund, sich zu ändern. Sie zählten sich zu einer ganz besonderen Gruppe. Sie haben Ja gesagt,sie befolgen alle Gebote und Vorschriften bis ins Kleinste. Sie sind auf der sicheren Seite. Sie tun, aber es bedeutet ihnen nichts, wie sie es tun. Und es ist ihnen völlig egal, aus welchen Gründen der Mitmensch neben ihnen ein Gebot, eine Vorschrift nicht einhält, nicht einhalten kann. Sie sehen auf ihn herab.

Diese Selbstsicherheit ist es, die Jesus verurteilt. Damals, und sicher auch heute. Die einen sagen Ja, um Ruhe vor der Anforderung zu haben. Die anderen sagen gleich Nein, aus dem selben Grund. Die Frage ist, wie wir uns entscheiden, wenn wir zur Ruhe gekommen sind, wenn wir nicht im Stress stehen, sofort eine Entscheidung treffen zu müssen.

Bleiben wir beim gelogenen Ja oder beim trockenen Nein, oder ändern wir uns, sehen wir ein, dass es Notwendigkeiten gibt, dass wir gefordert sind, dass es auf uns ankommt und ändern wir unsere Antwort für uns selbst auf ein ehrliches Ja. Ja, wir kommen unserer Verantwortung nach, ja, wir überdenken eingeübte, althergebrachte Ansichten, ja, wir besinnen uns auf das, was Jesus uns gelehrt hat und versuchen danach zu handeln. Es kommt nicht auf das Ja oder Nein an. Es kommt darauf an. dass wir bereit und freimütig genug sind, uns immer wieder in Frage zu stellen, neu auszurichten auf das Gute.

Was Jesus da vor zweitausend Jahren gesagt hat, das würde er heute wohl genau so wieder sagen. Zu wem anders als zu uns? Irgendwie sollten wir es uns also doch zu Herzen nehmen.

Rudolf Bittmann
Diakon