Faschingspredigt 2019

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

seit einigen Tagen spricht man in der österreichischen Politik vermehrt von den Tendenzen eines Polizeistaates. Die ganze Debatte begann aber bereits 2017. Damals ging es um die Möglichkeit, Daten zu speichern und um die Überwachung von verdächtigen Personen. Wissen Sie, dass seit dem 1. Juni 2018 der österreichische Geheimdienst Ihre WhatsApp-Nachrichten mitlesen darf, mit der Begründung eines Terrorverdachts? Und jetzt geht’s weiter. Es geht um die Sicherungshaft – also Präventivhaft – für potentielle Täter. Da wir heute den Faschingssonntag haben und die Narrenfreiheit herrscht, behaupte ich, dass genau dieses Gesetz das Beste ist, was der Regierung einfallen konnte.

Denn dadurch kann man etwas erfahren, besonders über sich selbst. Auch unsere Pfarre wird überwacht, weil sie  eine große Gefahr für die politische Ordnung der Gesellschaft darstellt. Ja, die Pfarre schwimmt nicht mit den Mainstreams, weil sich auch Jesus nicht an die Obrigkeit angepasst hat. Und ob Sie es glauben oder nicht, der Weggang vom Kaplan Niko ist den Geheimdiensten geschuldet, die den Ausländeranteil in der Pfarrleitung der Vogelweide aufs Minimum reduzieren wollten.

In den Überwachungsprotokollen der Pfarre Hl. Familie kann nachgelesen werden, dass der Pfarrer die Präventivhaft begrüßt; speziell für jene, die sich nicht freiwillig melden, bei der Caritas-Haussammlung mitzumachen. Seine wiederholten, persönlichen Verlautbarungen, dass sich Leute melden sollten, wurden ignoriert. Darum meint er: Spätestens nach ein paar Tagen Haft mit verstärktem Fasten, würde sich Diakon Josef nicht vor Kandidaten und Kandidatinnen erwehren können, die ein paar Häuser als Caritas-Haussammler durchwandern wollen. Sollte die Präventions- oder Beugehaft in Kraft treten, gibt es ab dem nächsten Jahr keine Probleme mehr bei der Suche nach den Caritas-Haussammlern.

Eine weitere interessante Sache, die dem Protokoll des Lauschangriffes der Polizei gegen den Pfarrgemeinderat zu entnehmen ist, hängt mit der Wirkungsdauer des Pfarrers in der Vogelweide zusammen. Denn es sind bereits zehn Jahre vergangen, seitdem er die Pfarre übernommen hat. Bei seiner Amtsübernahme hieß es, dass jemand, der es in der Vogelweide zehn Jahre als Pfarrer aushält, bereits als Held verehrt und ihm ein Denkmal aufgestellt wird; Ja er bekäme sogar eine satte Abfertigung.

Scheinbar gibt es aber Versuche, den Pfarrer zu überreden, dass er weiterhin da bleiben sollte. Der Grund dafür ist offensichtlich: es geht um die Abfertigung, die der Pfarrgemeinderat nicht zahlen will. Der Obmann Pepp, der sich schon vor fünf Jahren gegen den Verbleib des Pfarrers entschieden hat, muss sich jetzt etwas einfallen lassen. Es bekam plötzlich Angst, dass jemand kommen könnte, der ihm nicht mehr erlaubt, zu Weihnachten seine Christbäume weiterhin in der Kirche präsentieren.

So sollten ein paar Initiativen geplant werden, die den Pfarrer erweichen sollten, damit er noch ein paar Jahre in der Vogelweide drauf legt. In den Polizeiakten kann man lesen, dass eine professionelle Agentur beauftragt wurde, den Pfarrer zu durchleuchten und ein Programm zu entwickeln, das seinen Wünschen gerecht werden soll.

In der ersten Programmphase, die bereits begonnen hat, sollte er den pastoralen Eifer und Schwung verspüren. So wurde der Schwerpunkt auf die Kinder-, die Jugend- und die Männerpastoral gelegt. Darum begann bereits eine Elternkind-Runde, mit sportlichen Aktivitäten für die Muttis, weiters wurde ein Aufbau der neuen Jugend gestartet und die von ihm lang ersehnte Männerbewegung wird am Abend des Faschingssonntags zum ersten Mal zusammenkommen.

In der zweiten Phase (der Wellness-Phase ab 2020) könnten ihm drei freie Tage in der Woche zum Wandern mit der Wandergruppe zugestanden werden, … und drei Urlaubsmonate, damit er längere Zeit in den Ländern des Orients unter den Palmen verbringen kann. Ja, es wäre sogar ein Lift im Pfarrheim geplant, damit er seine Gelenke schonen kann. In dieser Zeit sollte der Neupriester Johannes ihn vertreten, vorausgesetzt, dass er bis dahin einen Selbstverteidigungskurs gemacht und gelernt hat, ein wenig zu schimpfen und sich ab und zu durchzusetzen und lauter zu schreien.

In der dritten Phase, so ab 2021, sollten neue Ehrenamtliche im Alter U-40 gewonnen werden, damit der Pfarrer nicht mehr zu den Jüngeren der Pfarre gehört. Er sollte dafür mehr Zeit in seinem Garten verbringen können und die Pfarrgemeinde in eine neue Phase der Aktivitäten eintreten. Dabei könnte die Wiese überdacht werden, damit man sich dort bei jedem Wetter sportlich betätigen kann.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
in den Überwachungsakten der Polizei gibt es noch viel mehr zum Lesen. Da gibt es die Berichte über die Intrigen der Frauenbewegung gegen die Männerbewegung, damit sie nicht zu stark wird. Es gibt Informationen über die Ängste der älteren Ehrenamtlichen vor der Jugend oder der anderen Pfarrgemeinden vor den Aktivitäten der Vogelweide. Leider können hier nicht alle vorgetragen werden, weil sie noch immer als geheim und gefährlich eingestuft werden und erst nach Fristsperre – also ca. 2070 – zur Veröffentlichung frei gegeben werden.

Ich wünsche uns aber allen, dass wir nicht glauben, dass ein Polizeistaat und die Geheimarchive eine Lösung für die Probleme der Gesellschaft sind. Ich wünsche uns, dass wir unser Leben nach Jesus ausrichten, der uns eingeladen hat, transparent zu leben, jeden Menschen anzunehmen und jedem mit Achtung zu begegnen. Denn den Frieden erreicht man nicht durch Überwachung, sondern durch Vergebung und Wertschätzung.

Und ich wünsche uns Humor und Freude – nicht auf Kosten der anderen, sondern aus der gesunden Distanz zu sich selbst und zu seiner eigenen Geschichte.

Slawomir Dadas
Pfarrer