Wozu haben wir Menschen unsere Sinne?

Schwestern und Brüder im Herrn!

Wozu haben wir Menschen unsere Sinne? Jeder weiß darauf eine Antwort:

  • um Schönes und Gefahren zu erkennen;
  • damit wir uns zurechtfinden in unserer Umwelt;
  • um Gutes und Schlechtes wahrnehmen zu können;
  • um auf Anrufe von Mitmenschen zu antworten, usw.

Es gibt aber viele Menschen, bei denen ein Sinnesorgan ausfällt ? großes Problem! Oft reagiert ein anderes Sinnesorgan aber umso sensibler!Blindheit ist heute weltweit verbreitet, aber auch in der Bibel gibt es einige Berichte von Blindheit und Probleme.
1.Lesung (1 Sam 16, 1b.6–7.10–13b): Prophet Samuel erkannte nicht sofort den richtigen Kandidaten, weil er auf Falsches Wert legte.
2.Lesung (Eph 5, 8–14): Paulus ermahnt seine Christen, nach dem Wort Gottes zu leben und zu handeln. Er selbst ist ja durch Gott „sehend“ geworden.
Evangelium (Joh 9, 1–41): Im Evangelium berichtet der Evangelist Johannes in einer langen Geschichte von der Heilung eines Blindgeborenen und der damit zusammenhängenden Auseinandersetzung. Es geht dem Evangelisten weder um Schuld oder Sünde noch um das Sabbatgebot, er will sagen, wozu Jesus in die Welt gekommen ist: Licht und Heilung zu bringen! Letzten Sonntag hörten wir, wie er den Durst der Samariterin löschte, heute vernehmen wir die Heilung eines Blindgeborenen. Gottes Wirken soll offenbar werden!

Dieses Evangelium will unseren Blick schärfen für das Wesentliche: Dem Blinden wurde das Augenlicht geschenkt, damit er sich orientieren kann und nicht mehr betteln muss. Vor den Pharisäern bekennt er: Dieser Mann ist ein Prophet, und später vor Jesus: Herr, ich glaube! Er hat zum Glauben an Jesus gefunden! Er ist also geheilt an Leib und Seele. Das verändert sein Leben total!! Er wird zwar aus der Synagoge ausgeschlossen, aber er weiß, wem er vertrauen kann.

Die Christen zur Zeit des Evangelisten Johannes taten sich mit dieser Bibelstelle leichter als wir heute. Sie waren als Juden oder Heiden religiös erzogen worden. Dann trat Jesus in ihr Leben und ihnen sind die Augen aufgegangen. Die Pharisäer freilich blieben, wie von Blindheit geschlagen, zurück: Sie beharrten auf den Geboten und konnten Jesus nicht glauben.

Diese Bibelstelle will uns sagen, wer Jesus ist und dass er das Licht unseres Lebens sein will. Ich meine, auch wir müssen mit den verschiedenen Blindheiten zurechtkommen: Einmal verhalte ich mich wie der Prophet Samuel, dann wieder wie die Pharisäer oder wie der Geheilte.
Wie oft bin ich blind, sind viele von uns blind, ist unsere Kirche blind??
Blind für die Not der Menschen, blind für notwendige Veränderungen, blind für Gottes Anruf??
Nichts sehen wollen aus Arbeitswut, aus Liebe oder Trauer, aus Engstirnigkeit oder Gleichgültigkeit?
Mutwillig „blind“ bleiben hat mit Sünde zu tun, sagte Jesus. Und das führt in kleinen oder großen Gemeinschaften ins Chaos, in den Untergang.

„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ (Exupery)
Die Wochen vor Ostern wollen uns helfen, die Blindheit des Herzens loszuwerden ? wieder klarer zu sehen. Wir sind wie der Geheilte eingeladen, unseren Blick auf das Wesentliche zu richten, ein neues Sehen zu gewinnen. Zum Christsein gehört der ehrliche Wunsch: „Herr, mach mich sehend!“, um den Nächsten zu lieben, zum Dienen bereit zu sein und auf die Gnade Gottes zu setzen. Will ich das oder kann ich das???

Josef Bernögger
Diakon