Vertrauen gegen Ungewissheit

„Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken; denn der vergängliche Leib beschwert die Seele und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Geist. Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was doch auf der Hand liegt; wer kann dann ergründen, was im Himmel ist?“ (Weish 9,14-14)
23. Sonntag im JK.
Predigt zum Ausdrucken

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

es gibt mehrere Möglichkeiten im Leben, dem Ungewissen zu begegnen. Einige Menschen meiden alles, was sie nicht kennen. Sie versuchen ihrem Leben dadurch Stabilität zu geben, dass sie das meiste durchplanen und durchorganisieren. Sie wissen genau, wie ihr Garten auszuschauen hat, welchen Speiseplan sie für die kommende Woche haben möchten, wie sie die nächsten Nachmittage und Abende verbringen. Spontaneität ist für sie eher unangenehm und macht sie unsicher. Sie fühlen sich im Erprobten und Bekannten besonders wohl. Eine kulinarische Bemerkung am Rande: egal ob sie in Italien, in Spanien oder in Griechenland sind: am liebsten essen sie Wienerschnitzel.

Andere wären unglücklich, wenn im Leben alles berechenbar wäre, wenn es keine Überraschungen und Herausforderungen gäbe. Sie sind auf das Neue und das Unbekannte neugierig. Sie brauchen und suchen alles, was sie noch nicht kennen, denn darin sehen sie eine Möglichkeit, etwas zu erleben, sich zu entwickeln – auch auf die Gefahr hin, dass manchmal einiges schiefgeht und dass der Magen nicht jede Speise verträgt, auch wenn sie noch so angepriesenen wird.

Ich habe nicht vor, über die eine oder die andere Haltung ein Urteil abzugeben, weil jede und jeder von uns dem eigenen Lebensgefühl entsprechend handeln muss. Mir geht es im Sinne der ersten Lesung darum, uns am Anfang des neuen Arbeitsjahres bewusst zu machen, dass gerade wir Christen mit einer großen Portion der Ungewissheit leben müssen. Mir geht es darum, uns Mut zu machen und trotz – oder gerade aufgrund – vieler Unsicherheiten im Leben auf Gott zu setzen, mit ihm ins neue Arbeitsjahr zu starten.

Im September beginnen einige mit einer neuen Ausbildung, starten ins Berufs- oder Studentenleben. Viele Eltern machen sich Sorgen um die Kinder im neuen Schuljahr, überlegen, planen, damit alles möglichst gut funktioniert.

Auch in der Pfarre machen wir uns darüber Gedanken, was wir dazu beitragen können, damit Kinder, Jugendliche, Familien und ältere Personen ein gutes und erfülltes Leben führen. Wir organisieren Feste und Veranstaltungen, die das Leben aus dem Glauben, aber auch das Leben als Gemeinschaft und Institution ermöglichen und unterstützen. Erstkommunion, Firmung, Messe mit den Ehejubilaren oder mit Kranken werden zusätzlich zu den Hochfesten viele ansprechen können. Beim Mutter-Kindtreff, bei der Jungschar, bei den Ministranten, im Jugendkeller oder bei den Treffen der Arbeitskreise und ihrer Tätigkeit für alt und jung besteht die Möglichkeit, Gemeinschaft zu erleben und den Glauben zu vertiefen. Wir laden alle ein, am Leben unserer Gemeinde teilzunehmen. Wir wollen aber niemanden in die Irre führen und niemandem etwas vorgaukeln und versprechen, was wir nicht halten können. Wir sind uns bewusst, dass wir nicht perfekt sind, dass wir nicht alles berechnen und nicht alles voraussehen können. Denn wir leben auf Gott hin ausgerichtet, der für uns Menschen unberechenbar und unplanbar ist. Sein Wille und seine Weisheit entsprechen nicht immer unseren Vorstellungen. Jesu Worte vom Verzicht und vom Kreuz in der Nachfolge irritieren uns und sind nicht unbedingt die Werbeslogans, die Massen anziehen. Sie machen uns aber bewusst, dass nicht alles in unserer Hand liegt und dass es im Glauben nicht darauf ankommt, alles durchzuplanen, sondern dem Einem zu vertrauen.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

das Arbeitsjahr mit einem Fest zu beginnen, ist ein Ausdruck der Freude und des Glaubens, dass Gott zu unserem Leben gehört, mit uns geht, uns begleitet. Ich wünsche uns, dass dieser Glaube in unserem Alltag spürbar wird. Ich wünsche uns, dass es uns gelingt, Menschen zu vermitteln, dass wir nicht alles machen können und trotzdem glücklich, zufrieden und vom Geist Gottes erfüllt sind. Ich wünsche uns, dass Menschen in unserem Leben erkennen können, dass wir Einem vertrauen und Einem nachfolgen, der alles in Weisheit und zum Heil der Menschen plant und führt.

Slawomir Dadas
Pfarrer