Welche Aufgaben hat ein Dechant?

WELS. Slawomir Dadas, katholischer Pfarrer aus der Vogelweide, löste Johann Bräuer als Dechant ab. Er spricht über seine Sorgen mit der Amtskirche, Frauen im Priesteramt und Integration im Dekanat Wels.

OÖN: Welche Aufgaben hat ein Dechant?

Dadas: In erster Linie zu repräsentieren, theologische Themen vorzugeben und sich um Seelsorge zu kümmern, wenn beispielsweise eine Pfarre aus welchem Grund auch immer verwaist ist.

OÖN: Wie wird man Dechant?

Dadas: Ich wurde von den hauptamtlichen Seelsorgern der sechs Welser Pfarren gewählt und dann vom Bischof bestellt.

OÖN: Wie viele Katholiken gibt es in Wels?

Dadas: Rund 35.000, jeder zweite Welser ist Katholik, anders ausgedrückt: Jeder zweite nicht – und das ist eine Aufgabe für mich.

OÖN: Wie erleben Sie den Kontakt zwischen Amtskirche und Gläubigen?

Dadas: Wir sind an der Front, hören und verstehen die Leute auch. Sie haben das Gefühl, im Stich gelassen zu werden; das ist uns leider nichts Fremdes. Wir verstecken uns nicht und sehen das Problem. Ich will vermitteln, dass auch wir in den Pfarrgemeinden mit gewissen Entscheidungen der Amtskirche Probleme haben. Wir versuchen den Bischof für Veränderungen zu motivieren, weil es so nicht mehr weitergehen kann. Die Basis entfernt sich von der Hierarchie. Das ist durch Studien belegte. Es kann zu einem Bruch in der katholischen Kirche kommen, wenn sie so weitermacht.

OÖN: Können Sie verstehen, dass angesichts Missbrauchs- und Gewaltvorwürfen sich viele von der Kirche abgewandt haben?

Dadas: Ja, auf jeden Fall, sie wurden enttäuscht. Ich will die Austritte dennoch nicht gutheißen. Die Gemeinschaft wird geschwächt. Menschen, die unter dieser Amtskirche ein Stück leiden, sind mir nicht egal. Auch wir leiden, daher habe ich sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe in der Kirche Stellung genommen.

OÖN: Wie stehen Sie zum Zölibat?

Dadas: Den Zölibat würde ich freistellen. Ich glaube aber, dass zölibatäres Leben auch Vorteile hat – wenn man alleine sein kann. Zur Urkirche zurück zu kehren, wäre für mich selbstverständlich. Gegen Ängste, verheiratete Priester hätten zu wenig Zeit für die Seelsorge, legen die Diakone das beste Zeugnis ab: Sie boomen und beweisen, dass es möglich ist.

OÖN: Was sagen Sie zu Frauen im Priesteramt?

Dadas: Derzeit würde sich die Kirche beim Thema „Frauen im Priesteramt“ spalten. Es gibt in der Tradition der Kirche keine Priesterinnen, sehr wohl aber Diakoninnen. Traditionen haben sich immer wieder verändert. Die Ängste in Rom kann ich verstehen: Aber man soll sich Schritte getrauen und alles diskutieren, allerdings keine Schnellschüsse machen. Das würde die Kirche spalten, wie im Fall von Erzbischof Marcel Lefebvre (er lehnte die wesentlichen Reformen des zweiten Vatikanischen Konzils ab, Anmerk.).

OÖN: Was ist in Wels die besondere Herausforderung für die Kirche?

Dadas: Wir wollen Menschen, die sich in der Kirche nicht beheimatet fühlen, vermitteln, dass wir für sie Heimat sein wollen. Außerdem betreiben wir sehr intensiv den interreligiösen Dialog – vor allem mit den Muslimen. Auch die Ökumene mit evangelischen Christen ist ein Freude.

OÖN: Was kann die katholische Kirche tun, damit Muslime nicht noch mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden?

Dadas: Wir versuchen, sie nicht auszuschließen. Bei der Jungschar sind auch muslimische Kinder dabei. Bei unserem Faschingsball in der Vogelweide waren Muslime dabei, beim Flohmarkt helfen sie tatkräftig mit. Muslimische Familien in Not erhalten selbstverständlich finanzielle Unterstützung: Not kennt keine Grenzen. Die Zeit des Nebeneinander ist vorbei, jetzt geht es um ein Miteinander.

OÖN: Glauben Sie, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Menschen wieder nach mehr Halt im Glauben suchen?

Dadas: Ja, das glaube ich. Nur geht es uns viel zu gut, um wirklich von einer Krise reden zu können. Die Leute haben noch immer alles, da wird einfach nicht nach anderen Werten gefragt.

Persönlich: Der Pfarrer und Badminton-Trainer

Slawomir Dadas (45) studierte in seiner polnischen Heimat Theologie, kam 1989 ins Linzer Priesterseminar und beendete 1992 das Studium. Dem folgte ein sechsmonatiger Aufenthalt in Papua Neuguinea – auch wegen der Sehnsucht nach der weiten Welt. 1994 wurde Dadas in Linz zum Priester geweiht, startete als Kaplan in Linz-Urfahr und beendete 2003 sein Studium der Pastoraltheologie. Ab 1999 war er Pfarrer in Hörsching, seit 2009 ist er in Wels-Vogelweide. Der Pfarrer ist als Badminton-Trainer aktiv, reist gerne, schätzt Begegnungen und Freundschaften.