Cool oder Heilig?

predigt2„Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch euer ganzes Leben heilig werden. Denn es heißt in der Schrift: Seid heilig, denn ich bin heilig“. (1 Petr 1,15-16)

 

 

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

glauben Sie, dass es in unserer Zeit noch gute und heilige Menschen gibt, oder nur noch geile, hammermäßige Typen? Was hätten Sie persönlich lieber: dass Ihr Kind oder Ihr Enkel Sie als coole oder als heilige Eltern oder Großeltern bezeichnen würde? Die Antwort darauf kann ich mir schon denken und sie wirft die nächste Frage auf: Was heißt es für uns alle, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Bewertung eines Menschen so verändert hat? Die Sprache ist in der Regel der Spiegel der Wirklichkeit und sie beschreibt nur, was die Menschen bewegt und womit sie etwas anfangen können. Darum möchte ich heute bei dieser Feier Allerheiligen, Allerseelen diese zwei Wirklichkeiten kurz vergleichen.

Die Titel cool, hammermäßig usw. bedeuten in der Medienwelt eine kurzfristige Faszination, die im Zusammenhang mit einer Darbietung steht. Diese Darbietung wird von Menschen ausgeführt, die an die Öffentlichkeit gehen, in der Hoffnung, dass sie mediale Anerkennung finden und dadurch ihren Lebensunterhalt bestreiten können. In Anlehnung daran sind auch die coolen Eltern zu verstehen, die aufgrund der einen oder der anderen Entscheidung die Anerkennung ihrer Sprösslinge finden. Ich möchte keinem Erwachsenen den Wunsch absprechen, von den Vertretern der jüngeren – oft in der Pubertät steckenden – Generation anerkannt zu werden, aber ich tendiere zu der Überzeugung, dass der eigene Selbstwert woanders zu holen wäre.

Die Sprache der Fernsehshows und des Internets, die zum großen Teil auch die Jugendsprache ist, beschreibt also eine kurze Episode aus dem Leben eines Menschen und sagt weniger über ihn als Person aus, sondern viel mehr über die Gefühle, die mit dem einen oder dem anderen Auftritt auf der Bühne des Lebens zusammenhängen.

Die Begriffe heilig und selig beziehen sich auf den Menschen in seiner Gesamtheit, unabhängig von den einzelnen Leistungsbereichen seines Lebens. Denn für heilig kann nur jemand gehalten werden, der in Beziehung mit dem heilenden, alles zum Guten wendenden Gott steht. Heilig ist also nicht jemand, der glaubt, perfekt und in seinen religiösen Leistungen überdurchschnittlich eifrig zu sein, sondern jemand, der das eigene, nicht perfekte Leben von Gott heilen lässt. Heilig sind ein Kind, ein Jugendlicher, eine Frau und ein Mann, die bewusst am Heilsplan Gottes teilnehmen, die ihn, den einzig Heiligen in das eigene Leben einlassen und aus ihm ihr Leben gestalten.

Das Wort selig bezeichnet den Zustand der Erfüllung der menschlichen Sehnsüchte. Selig ist also jemand, der wunschlos ist, der von sich selbst sagen kann: Als Mensch bin ich restlos verwirklicht, ich bin nicht mehr auf der Suche nach dem, was meinem Leben einen Sinn gibt, ich bin nicht mehr auf der Suche nach dem, was mich erfüllt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

gibt es heilige Menschen in unserer Zeit? Natürlich gibt es sie, sonst wären wir nicht hier. Wir alle gehören zu der Gemeinschaft der Heiligen, weil wir schon jetzt am Heil Gottes teilnehmen. Gerade hier am Friedhof, gerade angesichts des Todes merken wir, dass wir auf ihn angewiesen sind und uns in unserem Schmerz und in unserer Trennung von ihm heilen lassen wollen. Wir gehören zu der Gemeinschaft der Heiligen, weil wir dem heiligen Gott unsere Verstorbenen anvertrauen, damit er sie aus dem Tod ins Leben führt.

Und sind Sie selig? Haben Sie das Gefühl, alles bereits gefunden zu haben, was Sie zum Leben in Fülle brauchen: das Fundament, das Sie stützt, wenn das Schicksaal zuschlägt; die Gelassenheit, die Ihnen hilft, an Schwierigkeiten nicht zu zerbrechen, das Vertrauen, das Ihnen Sicherheit und Freude vermittelt und die Leichtigkeit, die Sie zu Höhepunkten des Lebens trägt? Haben Sie das alles gefunden? Dann sind Sie selig.

Ich wünsche uns allen, dass wir nicht nur cool und hammermäßig sind, sondern auch heilig und selig. Ich wünsche uns, dass der Friedhof kein Ort der endgültigen Trauer, sondern vor allem ein Ort des Vertrauens ist, dass Gott uns zum Heil und zur Erfüllung unserer Sehnsüchte beruft und begleitet.

Slawomir Dadas

Pfarrer

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