Umkehren zum Glück

sigrun„Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!“ (Mt. 17 b)

Wer von euch, hat ein Navigationsgerät im Auto, oder so ein App am Handy? Fast jeder kennt es! Geht es auch manchmal auf die Nerven?  Ihr wollt Autobahn fahren, das Navi will euch auf normale Straßen leiten und umgekehrt.

Sooft es eine Möglichkeit gibt, will es euch umkehren machen! Mich kostet es oft den letzten Nerv, weil ich lieber mit Karte fahre. Aber sehr oft sehe ich auch die Vorteile. Z. B. In einer Stadt, die ich nicht kenne; in einem Land in dem ich auch die Sprache nicht verstehe, dort verlasse ich mich dann auf diese mir unverständliche Technik; und ja, ich bin sogar froh darüber!

Wenn es dann sagt „bei nächster Gelegenheit bitte wenden“, dann mache ich das auch!

Heute hörten wir einen ähnlichen Satz von Jesus im Evangelium und auch die Begründung dazu. Er sagt: Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe!
Sein  Angebot  lautet : Wer stehen bleibt, umkehrt und auf neuen Weg weitergeht, sich hinwendet zu mehr Liebe, Gottvertrauen, Gerechtigkeit, dessen Leben wird himmlisch , ja, es ist im selben Augenblick schon himmlisch, göttlich. Seine Botschaft vertröstet  nicht auf später. Es ist eine Predigt für den Augenblick, für  damals, wie  für uns heute. Wer sich von uns bewegt, innerlich und äußerlich, wer jetzt seine Empfindlichkeiten vergisst, wer von seinem Ich absieht, wer Gott etwas zutraut, der wird verwandelt durchs Leben gehen und glücklich sein.

Voraussetzungen gibt es dafür offenkundig keine. Jesus sucht nicht die Synagogen zuerst auf, er geht nicht zu den Gesetzeslehrern, zu den jüdischen Rabbis, zu den Priestern, nicht zu den politisch Verantwortlichen, zu den Sachwaltern der Bildung, zur Intelligenz. Es sind ganz einfache Menschen, die er zuerst als Freunde Gottes anredet und zu seinen Wegbegleitern macht, ohne Doktortitel, ohne Prominentenstatus. Wahrscheinlich ist er davon ausgegangen, dass die ihm nicht so viele Umstände bereiten. Simon, Andreas, Jakobus, Johannes. Und es scheint so, als sei diese Wahl ebenso wohl überlegt, wie die zwei Sätze, mit denen er sie anspricht. Es wird nämlich dabei so etwas wie eine erste Linie erkenntlich, die dann grundlegend werden wird für die ganzen zwei Jahre seines öffentlichen Auftretens. Der im Stall Geborene, der Zimmermannssohn wendet sich an die kleinen Leute, an die breite Schicht, an die, die hart arbeiten müssen für ihr tägliches Brot, an die, die keine Zeit haben, sich mit unnötigen Empfindlichkeiten abzugeben.

Später wird Jesus diesen Anfang noch provokativ übertreffen; aber nicht um der Provokation willen, sondern weil er das Interesse seines himmlischen Vaters unübersehbar machen will: Es sind die Außenseiter, die Gott gewinnen will. Für sie lohnt sich jede Anstrengung. Für sie, denn die vielen anderen Wohlsituierten hätten ja die Chance, aus eigener Kraft einen besseren Weg zu gehen – wenn sie nur wollten. Aber die Seltsamen, die Einsamen, die fallen Gelassenen, die moralisch Verworfenen, die Sandler, die Wiederverheirateten, die Schwulen, die Asylanten … Jesus macht sie zu seinem Bekanntenkreis, wenn er mit ihnen isst, trinkt, spricht.

Offenbar haben Andreas und die anderen drei diese Botschaft Jesu nur allzu gut verstanden. Zumindest sind sie ins Mark getroffen worden und sie lassen das zu. So unerwartet, wie sie mit einem konfrontiert sind, der etwas ganz und gar existenzielles von ihnen will, ebenso schnell treffen sie ihre Entscheidung. Im Eilverfahren, so scheint es, werden aus vier Fischern fromme Leute. Es kommt jetzt drauf an – das müssen sie gespürt haben. Sie lassen alles stehen und liegen und folgen dem, der Gott mit ihnen in Verbindung bringt, indem er ihr Leben für wertvoll und wichtig erklärt, ganz ohne Worte. Und wahrscheinlich war es nicht einmal die Botschaft Jesu, von der die Männer beeindruckt waren. Gesprochen hatte Jesus ja nicht viel, und viel Zeit zum Spekulieren, zum Weiterdenken und Verstehen blieb ihnen ja nicht. Eher dürfen wir annehmen, dass die Ausstrahlung Jesu ganz tief in sie eindringt.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, man erahnt  an dieser Evangelienszene und an der Atmosphäre, die manche Episoden aus dem Leben Jesu ausstrahlen, die Gelassenheit, die Gewissheit und vor allem die innere Freiheit, mit der Jesus auftritt.

Alles, was er sagt und tut, wirkt überaus selbstverständlich und natürlich. Den vielen unnötigen Ballast, den wir mit uns herum tragen, hat er abgeworfen: unsere Reichtümer, die Sicherheiten, denen wir mehr vertrauen als Gott, die Gepflogenheiten, die uns das Leben schwer machen, Rücksichtnahmen auf Wichtigkeiten, die uns vom Eigentlichen abhalten. Wir sollen den  Ballast abwerfen, und so frei werden, dem Anruf Jesu nachzufolgen – ebenso selbstverständlich und natürlich, wie uns seine Worte Sonntag für Sonntag ansprechen.

Der Glaube an den Gott Jesu Christi wird auf der ganzen Welt täglich weiter gesagt. Und auch wenn wir uns nicht so schnell entscheiden können wie die ersten Jünger, auch wenn wir länger brauchen, um umzukehren und unsere eingefleischten Wege zu überdenken, und sie schließlich ändern, so ist es doch noch nicht zu spät. Heute ist wieder unsere Chance.

Auch wenn wir das Navigationsgerät im Auto oft ignorieren,
Jesus spricht zu uns als Gottes Sohn, dem unser Glück ein Anliegen ist. Nehmen wir sein „Bitte wenden“ ernst, es verspricht uns dafür ein geglücktes Leben.
Amen