Heilsame Zeit der Stille

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

unser Leben wird zwischen Lärm und Stille gestaltet. Aber der Umgang mit beidem ist sehr unterschiedlich.

Einige Menschen sind zu sehr viel Stille gezwungen, weil ihr Gehör mit den Jahren beschädigt wurde und sie müssen damit leben, dass sie einige Geräusche und Laute nicht wahrnehmen können. Wieder andere suchen bewusst die Stille, weil sie ihnen gut tut und ihnen hilft, sich zu entspannen und Kraft zu tanken.

Einige Menschen halten die Stille nicht aus, sie brauchen ständig akustische Impulse, die sie sich über Radio, Handy auf dem Weg in die Schule, in die Arbeit oder beim Arbeiten selbst holen. Sie fühlen sich wohl, wenn sich rundherum etwas tut, wenn die Musik, die Menschen laut sind; natürlich ohne zu bedenken, wie schädigend der Lärm für ihre Gesundheit ist.

Denn bereits ein normales Gespräch, des Geräusch der Nähmaschine, des Fernsehers in Zimmerlautstärke bedeuten die Obergrenze für ein konzentriertes Arbeiten. Staubsauger, Wasserkocher, laufender Wasserhahn haben durch ihre Lautstärke einen Einfluss auf Kreislauferkrankungen bei dauernder Belastung und der Lärm einer Hauptverkehrstrasse, die Musik, die mit den Kopfhörern gehört wird, führen häufig zum Hörschaden bei Belastungen von 40 Stunden pro Woche.

Auch wenn wir wissen, dass Stille für die Gesundheit wichtig ist, weil sie Stress reduziert, den Menschen mental erfrischt, produktiv und kreativ macht oder unsere kognitiven Leistungen verbessert, hat sie seit Jahrtausenden auch einen religiösen Charakter. Denn gerade in der Stille, beim Austritt aus dem Lärm des Alltags, beim Eintauchen in die eigenen Gedanken begegnet man oft den Gedanken Gottes.

Am Anfang seines öffentlichen Wirkens hat sich Jesus in die Wüste zurückgezogen. Die Wüste wurde nicht selten als Ort der bösen Geister und Dämonen gesehen, darum wurde er auch dort versucht. Durch ihn hat sie eine neue Bedeutung bekommen: Sie ist ein Ort des Gebetes, der dienenden Engel und dadurch ein Ort der Begegnung mit Gott.

Denn in der Stille der Wüste, in der man nicht abgelenkt wird durch die Stimmen und Bedürfnisse des Alltags, hört man nur noch die innere Stimme, die inneren Gedanken, in die sich Gott einmischt. Und Gott mischt sich in unser Leben nur zu unserem Heil ein. Denn er möchte, dass wir den Weg des Heils gehen und in unserem Leben sein Heil empfangen. Er möchte, dass wir uns nicht verführen lassen von den Stimmen, die das Heil in der Welt ohne Gott versprechen. Er will, dass wir in die Stille eintauchen, um ohne Ablenkung zu leben, um fokussiert und konzentriert auf uns selbst entdecken und erkennen, was unserem Heil dient.

Die Stille hilft, die Stimmen, die uns erreichen, zu sortieren, zu prüfen und zu klären. Sie hilft, das eigene Leben auf Gott und auf das uns zugesagte Heil auszurichten, sich für IHN zu entscheiden.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
eine kleine Bank in der Kirche, die Turmkapelle als Raum der Stille, der Meditation, der Zeit für sich selbst, können zu heilsamen Orten werden. Die Fastenzeit kann uns zur Quelle des Heils, zu Gott führen, der sich abseits von Trubel und vom Lärm finden lässt. Die Fastenzeit lädt uns ein, die Stille zu suchen, um die Stimme des eigenen Herzens zu hören, die Sehnsüchte, die wir in uns tragen.

Die Fastenzeit ist keine Zeit der Beschneidung oder Einschränkung um ihrer selbst willen, sondern eine Zeit der jährlichen Prüfung, ob mein Leben auf das Wesentliche, also auf die Liebe und dadurch auch auf Gott und auf das wahre Leben hin ausgerichtet ist.

Die Fastenzeit ist die Möglichkeit, sich ein wenig von dem Vergänglichen zu befreien und in sich die Sehnsucht zu entdecken oder zu stärken nach dem, was nicht einmal der Tod zerstören kann. Sie ist die Vorbereitungszeit auf das Fest der Auferstehung, also auf das Fest des ewigen Lebens.

Ich wünsche uns allen, dass wir in den kommenden Tagen die Stille, als einen Ort der Begegnung mit uns selbst und mit Gott suchen. Und ich wünsche uns, dass wir in diesen Begegnungen erfahren, dass wir zum Heil berufen sind.

Slawomir Dadas
Regens

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