Für wen halten mich die Leute? fragt Jesus im Evangelium. Würden wir heute eine Meinungsumfrage machen, würden wir viele verschiedene Antworten bekommen, geprägt von Zeitgeist und Weltgeschehen, geprägt von Religionen, von Kulturen und Lebensgeschichten der Menschen.
Wer bin ich für dich? Diese Frage stellt er jedem von uns. Wer bin ich für dich?
Bei der Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes heute bin ich dieser Frage für mich nachgegangen. Wer war Gott im Laufe meines Lebens für mich, wer ist Gott für mich. Beim Erinnern an das was war habe ich viel in meinen Tagebüchern gelesen.
Als Kind bin ich sehr frei und unkompliziert auf dem Land mit viel Liebe bei meiner Oma aufgewachsen, manchmal wurde mittags der Engel des Herrn gebetet, am Sonntag gingen wir sehr sporadisch in die Kirche. Religiöse Verpflichtungen, religiöse Gebote oder Verbote kannte ich nicht.
Dann besuchte ich Schulen der Franziskanerinnen und der Kreuzschwestern und arbeitete in einem Kindergarten der Kreuzschwestern, ich zog in unsere Pfarre, erlebte Gemeinschaft in der Jugend und Lebensbegleitung durch Kapläne und Hans unseren Pfarrer. Ich durfte in den Schulen, in meiner Arbeit und in unserer Pfarre Menschen kennen lernen die mir die Bibel, die Botschaft Gottes und Jesus nahe gebracht hatten. Aber ich glaube das entscheidende, das was mein Leben am meisten geprägt hat, waren die Frauen und Männer in der charismatischen Bewegung, auf der Burg Altpernstein, in Kremsmünster und in unserer Pfarre. Bei Bibelgesprächen, beim gemeinsamen Beten habe ich Jesus, habe ich Gott erfahren als den mir Nahen, als den der mich liebt und den ich lieben darf.
Meine früheren Tagebücher sind alle ein Zwiegespräch mit Gott, mit Jesus wo ich das Leben mit ihm besprochen habe, das Schwierige und Belastende, das Freudige und Erfüllende, das Fehlerhafte und das Gelungene. Es ist ein Vertrauensverhältniss, wo alles gesagt werden kann und darf. Natürlich gab und gibt es Höhen und Tiefen, Nähe und Gottferne, Lebensabschnitte wo der Glaube lau und nebensächlich war, aber auch Zeiten großer Tiefe bei Schweigewochen oder meinen Pilgerwegen.
Wer bin ich für dich? Du bist der der in mir wohnt und durch mich wirkt, du bist für mich der der mich leben lehrt und führt, die göttliche Liebe die mich trägt. Und je nach Lebenssituation habe ich dich als heilend, als vergebend , als tröstend und aufbauend erlebt, aber auch herausfordernd, antreibend oder regulierend.
Wer bin ich für dich? Diese Frage stellt er jedem von uns, dir und mir. Und jede Antwort ist anders, jede Geschichte Gottes mit dem Menschen ist individuell. Simon das hören wir heute im Evangelium bekennt: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes! Geleitet vom Geist Gottes gibt er ein Glaubenszeugnis. Die Begegnung zwischen Jesus und Simon Petrus zeigt uns aber auch: Bekennen heißt nicht, selbst zu bestimmen über richtig und falsch oder zu glauben die Wahrheit zu kennen. Bekennen, sagen wer Gott für mich ist, hat vielmehr mit Beziehung zu tun.Da geht es ums Du-Sagen.
Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes sagt Petrus und Jesus antwortet auf dieses menschliche „Du“ ebenfalls mit einem „Du“: Selig bist du Simon, du bist Petrus der Fels, auf dich werde ich meine Kirche bauen. Zwei sagen sich gegenseitig, wer sie füreinander sind.
Aus den Erzählungen der Bibel wissen wir Petrus war oft voll Tatendrang und dann doch wieder ängstlich und gar nicht vertrauend. In den Stunden des Prozesses gegen Jesu distanziert er sich deutlich und verleugnet seine Beziehung zu Jesus. Und dann wieder hat er den Mut in seiner Pfingstpredigt vor vielen Menschen zu Jesus zu stehen, sein Leben und seine Auferstehung zu bezeugen.
Und auf so einen baut Jesus Christus seine Kirche? Ja, auf so einen, der sich zu ihm bekennt, wie brüchig seine Biografie auch sein mag.
Wenn Jesus jeden von uns, dich und mich immer wieder voll Liebe fragt: Wer bin ich für dich, und wir ihm ehrlich antworten, so sagt er dir und mir auch: Du bist wichtig, wichtig für meine Kirche, für deine Pfarrgemeinde. Durch dich wird sie wachsen und sich entwickeln, durch dich mit all deinen Fehlern und mit all deinen Fähigkeiten wird meine Botschaft weiterleben.
Gabriele Niederschick