Alles Gute

Ein gutes Neues Jahr; und besser soll es werden – oder wenigstens nicht schlechter; und deine Wünsche sollen sich erfüllen.
So sagen wir es uns jedes Jahr.
Aber wie weit glauben wir selbst an die Kraft unserer Wünsche?
Weiter gedacht: wie weit glauben wir an das, was uns aus unserem Glauben gewünscht, oder viel mehr, zugesagt ist?   

Hochfest der Gottesmutter Maria
Lk 2,16-21 

Haben wir schon alle unsere guten Wünsche schon an den Mann bzw. an die Frau gebracht, so, wie es wohl nötig ist in diesen Tagen?
Nur: glauben wir auch daran, dass unsere Wünsche auch Erfüllung finden? Wir finden es nett, wenn uns Gutes gewünscht wird, und wir meinen es  auch ehrlich, wenn wir Gutes wünschen. Aber eigentlich erwarten wir nicht viel. Einfach, weil wir erfahren haben, dass das Leben nicht unseren Wünschen folgt, dass die Realität anders ist. Da halten wir uns lieber an die kalkulierbaren Tatsachen, um nicht Gefahr zu laufen, enttäuscht zu werden. 

Machen wir einen weiten Gedankensprung von den Neujahrsgewohnheiten zu unserem Leben als Christen. Da gibt es ja auch einiges an guten Wünschen, an Zusagen, an Versprechungen. Aber auch hier scheinen sie der Realität nicht  standhalten zu können.

Die Herrschaft Gottes ist angebrochen. Und doch gibt es immer noch Kriege,  Ausbeutung, Umweltzerstörung?
Wir sind Kinder des einen Vaters, Schwestern und Brüder Christi. Und doch herrscht in Politik, im Beruf und im Alltag Eifersucht, Ungerechtigkeit, Neid und Konkurrenzdenken.
Wir sind Erlöste, Begnadete. Und doch fühlen wir in uns Angst, Misstrauen, Einsamkeit.
Das passt nicht zusammen.

Machen wir es da nicht manchmal wie mit unseren guten Wünschen? Halten wir uns nicht lieber an die kalkulierbaren Tatsachen, weil wir nicht Gefahr laufen wollen, enttäuscht zu werden? 

Heute feiert die Kirche ja nicht Neujahr, sondern das Hochfest der Gottesmutter Maria. Daher hörten wir im heutigen Evangelium auch von ihr. Wie fast immer steht sie am Rand der Ereignisse. Sie ist nicht Handelnde, sie beobachtet, sie sieht genau hin. Verstehen tut sie es nicht.
Da ist ein Neugeborenes unter ärmlichsten Verhältnissen,
da ist Heimatlosigkeit,
da sind ein paar Leute aus der Unterschicht,
da hört sie seltsame Reden über ihr Kind.
Nein, verstehen tut sie nichts. Wie sollte sie auch.
Der Sohn des Allerhöchsten liegt in einer Futterkrippe. Der künftige Retter seines Volkes ist arm und ausgestoßen. Der angebliche Messias muss vor den Nachstellungen eines kleinen römischen Statthalters in Sicherheit gebracht werden.
Nichts passt zusammen.

Eine Situation, wie bei unseren Neujahrswünschen. Oder wie bei den Zusicherungen, die wir als Gläubige hören. Aber Maria zieht nicht den Schluss, sich nur an kalkulierbare  Tatsachen zu halten, um nicht enttäuscht zu werden.
Sie lässt sich ein auf das Unverstehen, auf die Ungereimtheiten. Wie steht es da: „Sie bewahrte alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach“. Das heißt, Maria hat Lebens- und Glaubensprobleme gehabt wie wir. Aber sie hat sich ihnen anders gestellt. Maria hat beides ernst genommen: die Zusagen Gottes und die Tatsachen des Alltags. Sie hat nicht aufgegeben vor dem Diktat der Realität, sondern sie hat gelernt, oft sehr schmerzlich, dass die Herrlichkeit Gottes verborgen und auch in ganz armer Gestalt unter uns ist. Dass die Gnade Gottes in ganz gewöhnlichen menschlichen Zusammenhängen wirksam wird. Das macht Maria zum Vorbild für uns im Glauben.
Sie durfte erleben, dass alles gut und richtig wird. Und Gott hat uns in ihr vorgestellt, was er mit uns vorhat. 

Einander ehrlich Gutes zu wünschen im Vertrauen darauf, dass Gott es richtig machen wird, ist nicht einfältig. Vertrauen und Zuversicht sind nicht naiv. Maria hat es uns vorgemacht. Gott tickt nicht so wie wir, das macht es manchmal schwer für uns. Aber er steht zu uns. Und er hilft uns. Nicht immer so, wie wir es uns vorstellen. Aber immer so, wie es für uns gut ist. Darum, im Vertrauen auf Gott, und im Wissen, dass Gott dieses Vertrauen nie enttäuschen wird:
ein gutes, ein gesegnetes Neues Jahr.