Game over für 2010

Die Jahresschlussandacht ist eine Gelegenheit über das Alte nachzudenken und es zurückzulassen, um frei das neue Jahr zu beginnen. Drei Symbole: ein Stein, ein Kleeblatt und eine Blume halfen uns dabei wahrzunehmen, was uns belastet, was uns Hoffnung macht und wofür wir dankbar sind.

In der Predigt haben wir uns mit den Spuren des Lebens auseinandergesetzt. Wir wollen besonders solche hinterlassen, die die Herzen der Menschen erreichen und nicht sofort verblassen.

Predigt zum Nachlesen

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

wissen Sie, was alles zum UNESCO Weltkulturerbe in Österreich gehört? Zumindest einiges davon kennen wir gut, denn dazu gehören unter anderem: Schloss und Park Schönbrunn, das historische Zentrum der Städte Wien, Salzburg und Graz, oder die Kulturlandschaft Hallstadt, Dachstein-Salzkammergut. Um diesen Titel zu erwerben und später zu behalten, muss man sehr strenge Auflagen erfüllen, die den ursprünglichen Zustand eines Objektes oder einer Landschaft garantieren sollen. Dabei geht es vor allem um den Schutz vor Zerstörung und Kommerzialisierung der schönsten Fleckchen dieser Erde.

Seit 2006 gibt es aber in Österreich ein neues Gesetz, das sich auf das sogenannte immaterielle Kulturerbe bezieht. Wissen Sie worum es dabei geht und was dazu gehört? Es geht dabei um mündlich überlieferte Bräuche und Traditionen, um Rituale und Feste, traditionelle Handwerkstechniken und Wissen und Praktiken im Bezug auf Natur und das Universum.

Im Jahr 2010 wurde auf die Liste des immateriellen Weltkulturerbes in Österreich einiges aufgenommen z.B. der Ebenseer Glöcklerlauf, Heiligenbluter Sternsinger, die Reitkunst der Spanischen Hofratschule in Wien, das Märchenerzählen als Kunst, die Menschen mit Geschichten auf spielerische und geistig anregende Weise zu unterhalten … usw.

Auch in diesem Fall geht es um den Versuch, festzuhalten und vor dem Vergessen zu bewahren, was im Laufe der Zeit der menschliche Geist entwickelte.

Ja, der Mensch möchte seine Spuren sichern. Er möchte am liebsten alles, was einst aufgebaut oder erdacht wurde und bis heute besonders geachtet wird, schützen. So lobenswert solche Bemühungen sind, so realistisch sind wir auch und wissen, dass nichts von dem Materiellen auf ewig bestehen bleiben kann.

Ich frage mich, was will der Mensch dadurch erreichen, wenn einige seiner Spuren erhalten bleiben. Geht es dabei um eine einfache Marketingstrategie: Wer was vorzuzeigen hat, kann von vielen Touristen besucht werden. Oder doch um das Gefühl, sich verewigen zu wollen, der natürlichen Vergänglichkeit den Kampf anzusagen? So oder so, am Ende eines Jahres ist uns bewusst, dass wir in unserem Leben nichts ewig halten können. Der Silvestertag bringt uns zum Nachdenken über die Spuren, die wir im letzten Jahr hinterlassen haben, über die Spuren, denen wir begegnet sind und die uns geprägt und zu anderen Menschen gemacht haben.

Welche von ihnen haben eine Bedeutung für die Ewigkeit?

Das wird nicht der so schön gepflegte und bereits verwelkte Rasen sein. Das wird auch nicht der so schwer erarbeitete goldene Ring sein können und auch nicht das erträumte und auf Kredit gekaufte Auto oder Haus. All das hat ein wenig Freude gemacht und unseren Lebensraum bereichert.

Es gab aber vielleicht doch Momente, die zwar von der UNESCO nicht geschützt werden, aber bei Gott eine besondere Bedeutung haben. Vielleicht war das ein aufrichtendes Wort, ein Mut machendes Lächeln, eine selbstlos haltende Hand? Vielleicht waren das eine schützende Haltung, ein Einsatz für Gerechtigkeit, eine Geste der Vergebung, ein Aufbruch und ein Neubeginn, die mit Freude und mit Vertrauen erfüllten?

Auch in diesem letzten Jahr hinterließen wir Spuren. Spuren von denen schon jetzt niemand mehr weiß, aber auch Spuren die nachklingen, an die wir uns gerne erinnern, die nachwirken über die Grenze der Zeit bis in die Ewigkeit.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

viele Menschen nehmen sich für das Neue Jahr etwas vor. Einige schauen auf die Gesundheit: sie wollen mit dem Rauchen aufhören, weniger Alkohol trinken, die Süßigkeiten reduzieren und sich mehr bewegen. Für andere sind die Lebenspläne, die mit der Ausbildung und mit der Arbeit zusammenhängen besonders wichtig; ein Studium, ein neuer Arbeitsplatz. Wieder andere haben familiäre Pläne, das gemeinsame Leben so zu gestalten, dass alle darin ihre Erfüllung finden. Egal, was wir uns vornehmen, egal was wir tun, unser Leben wird Spuren ziehen.

Ich wünsche uns allen, dass unsere Spuren nicht sofort mit dem ersten Wind verwehen, sondern eine Bedeutung haben für andere Menschen und für uns selbst, auf dem Weg in die Ewigkeit.

Slawomir Dadas

Pfarrer