Nicht wir sind die Herren der Ernte

So wie letztlich in jedem Jahr, war auch es auch heuer in den Augen der Landwirte manchmal viel zu trocken und manchmal viel zu nass. Trotzdem wachsen und reifen die Früchte auf den Feldern.
Ob alles gut wird, alles gut bleibt bis zur Ernte?
Ob alles gut wird bis zur Ernte unseres Lebens?
Das fragen wir uns. Wir freuen uns an dem, was uns gut erscheint. Wir freuen uns an dem, was uns gelingt.
Lassen wir Christus auf den Acker unseres Lebens schauen mit seinem heilenden Blick.

16. Sonntag im Jahreskreis

 Bei dem Evangelium stehen unwillkürlich die Bilder vor uns, die wir jetzt in der Natur bewundern. Felder, wunderschön gleichmäßig bestellt mit verschiedenen Getreiden oder mit Mais.  Alles sauber und gleichförmig. Da steht nur auf dem Feld, was auch darauf stehen darf.
So einfach ist das ja nicht. Da müssen schon vor der Saat entsprechende Mittel in den Boden eingebracht werden. Oder es werden, wie ich vor einiger Zeit in einer Zeitschrift  gesehen habe, streng biologisch, fremde, unerwünschte Gewächse, die schneller wachsen als die jeweils angebauten Pflanzen mit einer Art überdimensionalen Balkenmäher geköpft. Oder es wird mit Hilfe der Genmanipulation dem Mais gleich selber beigebracht, dass er in seiner Umgebung keine andere Pflanze duldet.

Wir könnten es mit den Bauern aus unserer Pfarre diskutieren, aber ich denke, dass  die Vorgangsweise des „Gutsherrn, des Herrn der Ernte“, die im Evangelium beschrieben ist, jeden Landwirt in kürzester Zeit in den Ruin treiben würde. Und so ganz anders war das damals vor 2000 Jahren wohl auch nicht. Also muss etwas anderes damit gemeint sein.

 Das Gleichnis spricht eine ganz schwierige Tatsache an. Nämlich das Zusammenleben der Menschen, das Leben einer Gemeinschaft. Jeder von uns hat die Erfahrung, dass es Menschen gibt, die uns das Leben schwer machen, mit denen wir uns schwer tun, die unser Zusammenleben belasten. Das ist nichts Neues. Aus der Apostelgeschichte oder aus den Paulusbriefen wissen wir, dass das auch schon die ersten Christen erfahren haben.

Haben wir nicht auch öfter, so wie die Knechte im Gleichnis, den Eindruck, dass guter Same, nämlich unsere Arbeit, unser Wille, unsere gute Absicht, zunichte gemacht wird weil es da immer wieder welche gibt, die dagegen sind, die anderer Meinung sind, die uns auf die Nerven gehen?

Was also tun? Gift verwenden, um andere Meinungen gleich gar nicht aufkommen zu lassen? Köpfe abschneiden von allen, die nicht im Gleichschritt mit uns gehen? Oder uns so impfen zu lassen, dass alle die „anderen“ von vorneherein nichts mit uns zu tun haben wollen?

 Es liegt da die Gefahr eines Irrtums. Wir verwechseln unsere Rolle. Nicht wir sind die Herren der Ernte. Nicht wir entscheiden darüber, was gut und was schlecht ist.

 Wir sind zuerst einmal Ackerboden. Nicht dazu da, das Böse auszulöschen, sondern dazu da, etwas hervorzubringen. Bedenklich wäre es, wenn wir mit irgendwelchen Mitteln eingreifen und damit unfruchtbar werden.

 Dann sind wir die, die aussäen. Hoffentlich guten Samen. Aber was daraus wird, ist nicht mehr in unserer Hand. Alle Seelsorger, Priester, Pastoralassistenten, die Firmhelfer, die Tischmütter bei der Erstkommunion, alle Mütter und Väter müssen damit leben, dass es auch andere gibt, die schlechten Samen in dieselben Herzen säen.

 Und schließlich dürfen wir auch nicht sein wie der genmanipulierte Mais, der nichts neben sich duldet. In unserer Kirche und auch in unserer Pfarre gibt es viele Strömungen, solche, die vorwärts gehen wollen und solche, die erhalten wollen. Solche, die aufbrechen wollen und solche, für die das Bewahren das Wichtigste ist. Das ist oft schwierig, das ist oft ärgerlich. Aber das ist kein Grund, die, die nicht unserer Meinung sind, herzlos anzugreifen oder zu versuchen, sie zu vernichten.

 Am Ende wird der Herr der Ernte, am Ende wird Gott entscheiden. Und er wird, so hoffe ich und so glaube ich, auch dort, wo wir nur Böses sehen, Gutes finden.