Erntedank

Erntedank.

Unsere Kirche ist mit Früchten geschmückt.
Wir freuen uns und feiern, dass die Ernte großteils eingebracht ist und wieder gut ausgefallen ist.

Heute ist die Landwirtschaft ja schon sehr weit entwickelt. Modernes Saatgut ist nicht mehr so wetterabhängig, neue Anbau- und Bearbeitungsmethoden und das menschliche Können scheinen eine gute Ernte weitgehend zu sichern. Ereignisse allerdings wie etwa Unwetter, Hagel oder Überschwemmungen können doch alles zunichte machen und selbst eine Versicherung gegen Ernteausfall kann den bitteren Geschmack, ergebnislos gearbeitet zu haben, nicht wegspülen.

Ernte ist aber nicht nur landwirtschaftlich zu verstehen. Der Begriff Ernte ist viel umfassender. Ernte ist der Ertrag menschlicher Arbeit, oft mühseliger Arbeit, und es ist ganz egal, ob die auf dem Feld, in der Fabrik, im Büro, im Friseursalon, in der Schule oder sonst wo stattfindet.

Wir stehen alle in einem Leben voll Arbeit, mit vielen Sorgen, mit Anstrengungen, und so ist es gar nicht wirklich ersichtlich, wofür wir da noch groß danken sollen. Es ist doch unsere Leistung, die uns den verdienten Ertrag bringt. Der Ertrag steht uns zu.

Wenn wir genauer hinsehen, dann müssen wir allerdings feststellen, dass da viele Gaben sind, die wir nicht kaufen können und von denen wir und der Ertrag unserer Arbeit ganz wesentlich abhängen. All das etwa, das uns leben lässt: die Sonne, die Luft, das Wasser, eine einigermaßen intakte Umwelt.

Und auch das, was wir uns selber schaffen, können wir nur, weil uns andere die Voraussetzung dafür geben: die Eltern, die uns das Leben geschenkt haben, die uns erzogen haben und uns eine Ausbildung ermöglicht haben. Unsere Lebenspartner. Der Arbeitsplatz, die Vorgesetzten, die Kollegen und die Mitarbeiter, die Berater und die Freunde, die uns zur Seite stehen.

Danken kommt von Denken. Dankbarkeit kommt aus dem Nachdenken über den Gehalt, den Sinn unseres Lebens. Des Lebens, das uns im Wesentlichen geschenkt wurde und das wir durch eigene Leistung nur zum kleinen Teil  „erwerben“ können.

Nehmen wir das Erntedankfest zum Anlass, einmal im Jahr Ernterückblick auf unser Leben zu halten.

Was wurde da gesät, und was wurde geerntet im letzten Jahr? Welche Früchte sind aufgegangen? Welche Neuanfänge und Veränderungen gab es? Gab es Menschen, die mir zur Seite gestanden sind? Welche Begegnungen haben mich befruchtet? Waren da Menschen, denen ich vielleicht helfen konnten mit etwas Zeit oder dem richtigen Wort?

All das dürfen wir als Gaben Gottes ansehen und verstehen, als Gaben, die unsere Welt und unser Leben reicher und schöner machen.

Für all das dürfen wir danken.