Hoffnung und Zweifel

Rudi_predigt-80x90Vielleicht überrascht es sie, dass im alten Israel der Glaube an die Auferstehung kaum vorhanden war. Wenn sie das Alte Testament aufmerksam lesen, dann merken sie schnell, dass es darum geht, alt zu werden und viele Nachkommen zu haben. Dann war das Leben gut. Weiterleben gab es nur in der Erinnerung der Nachkommen. Der Text aus dem Makkabäerbuch, den wir in der Lesung gehört haben, gehört zu den frühen Hinweisen auf den Glauben an das Ewige Leben. Das Buch ist erst  zwischen 200 und 150 vor Christi Geburt entstanden.

Die Sadduzäer hielten konservativ an der alten Ansicht fest. Das Problem, das sie Jesus vorlegten fußt auf mosaischen Richtlinien. Wenn eine Frau ohne Nachkommen zur Witwe wurde, musste sie der Bruder ihres verstorbenen Gatten zur Frau nehmen und möglichst einen männlichen Nachkommen mit ihr zeugen. ist das eine soziale Regelung. Eine Witwe ohne Kinder hatte in der damaligen Gesellschaft sehr schlechte Karten. Dass die arme Frau in dem Sadduzäerbeispiel gleich durch sieben Brüder durchgereicht wurde ist natürlich überspitzt und diente nur dazu, den Auferstehungsglauben der Pharisäer und vor allem des Jesus lächerlich zu machen.

Jesus lässt sich auch gar nicht darauf ein. Alles falsch, sagt er, was ihr euch vorstellt. Es ist ganz anders. Wie anders es ist, das sagt er nicht. Leider – sind wir versucht, zu denken.

Aber ich bin sicher, Jesus sagt nicht nichts dazu, weil er uns neugierig machen will, weil er geheimnisvoll bleiben will. Er sagt nichts, weil er gar nichts sagen kann über das Jenseits. Nichts, das wir verstehen würden. Es gibt Dinge, die nicht vorstellbar sind, Dinge, die nicht einmal denkbar sind. Und wenn es sich nicht einmal denken lässt, dann kann man darüber auch nichts sagen. Das, was unser Leben nach dem Tod ausmachen wird, das gehört zu diesen Dingen.

Es kann also nicht darum gehen, wie es einmal sein wird, sondern nur darum, dass es das ewige Leben bei Gott gibt.
Jesus erklärt es uns: Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebenden. Gott ist unser Gott, mitten in unserem Leben. Und das Leben, das uns Gott für alle Zeiten verheißt, das beginnt mitten in unserem Leben.
Jesus verkündet uns einen Gott, der nicht unbeteiligter Zuschauer ist, sondern der jetzt schon eine Beziehung, ein Gespräch mit uns aufbaut – in unseren Gebeten, in unseren, hoffentlich guten Taten. Eine Beziehung, die er aufrecht erhält auch nach unserem physischen Tod, weil wir ihm, als seine Geschöpfe, wichtig sind.

Eine Frage bleibt noch, die Frage nach dem „wer“. Wer wird erlöst, wer gelangt in das ewige Leben, in diese endgültige, innige Gemeinschaft mit Gott.

Prof. Paul Zulehner war letzte Woche zu Gast in unserer Pfarre. In einem bemerkenswerten, spannenden Vortrag stellte er unter anderem die Frage in den Raum: wie wird es Gott schaffen, Hitler, Stalin und mich in diese ewige Glückseligkeit einzugliedern. Und er gab sich selbst die Antwort: darum sollten wir uns nicht sorgen. Gott ist der Einzige, der alles, wirklich alles über jeden Menschen weiß, und er wird es, egal wie und egal, wie schmerzhaft es für den Einzelnen auch sein mag, er wird es schaffen.

Darauf vertraue ich. Dass er es auch bei mir schafft.

Vor vielen Jahren habe ich einmal gelesen, leider weiß ich nicht mehr bei wem, dass das Jüngste Gericht nicht so zu verstehen ist wie eines unserer Gerichte, wo es um Schuldzumessung und entsprechende Strafe geht.
Gottes Gericht und sein Richten sollen wir verstehen als gerade richten, als herrichten, als zurecht richten, als zurecht rücken, als in Ordnung bringen.
Wie Gott das Gute und das Schlechte, das unser Leben ausmacht, in unser ewiges Leben hinein auferstehen lässt, das können wir nicht wissen. Aber das können wir bedenkenlos Gott überlassen.
Denn eines wissen wir: seine Liebe übersteigt alles Begreifen.