Trost, Fürsorge und Gerichtigkeit

„Eine Stimme ruft; Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben. Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen. Steig auf einen hohen Berg, Zion, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! Sag den Städten in Juda: Seht da ist euer Gott. Seht, Gott der Herr, kommt mit Macht, er herrscht mit starkem Arm. Seht, er bringt seinen Siegespreis mit: Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her. Wie ein Hirt führ er seine Herde zur Weide, er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf dem Arm, die Mutterschafe führt er behutsam.“Jes 40, 3-11

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
sind Sie ein Gefühls- oder ein Kopfmensch? Trauen Sie sich Ihre Gefühle offen zu zeigen, impulsiv, manchmal unberechenbar und eigenmächtig, oder sind Sie eher bedacht, genau und sorgfältig? Bei den meisten Menschen verbinden sich das Herz und der Verstand und die wichtigsten Entscheidungen werden von den beiden getragen. Und das ist richtig so, denn das Herz hilft, die Emotionen, die Freuden, die Nöte der anderen zu spüren und der Verstand, diese richtig zu beurteilen und Strategien zu entwickeln, wie man mit ihnen umgeht. So müsste auch der Advent beides vereinen. Sowohl im Bereich des Brauchtums wie auch des religiösen Inhalts des Festes sollten beide – Herz und Kopf – Hand in Hand gehen.

Es sollte nicht so sein, dass Sie nur noch vom Gefühl getrieben von einem Geschäft zum anderen rennen und bei jeder Kleinigkeit, die der Hanni oder dem Hansi gefallen könnte, sofort zur Geldtasche greifen und bereits am 15. Dezember pleite sind. Es sollte aber auch nicht so sein, dass Sie alles so abwiegen und überlegen, dass Sie am 23. Dezember für Ihre Lieben noch immer nichts gefunden haben und zerknirscht und frustriert etwas besorgen, weil es sich gehört. Es sollte auch nicht so sein, dass Sie nur noch im emotionalen Ausnahmezustand sind, weil es in dieser Stillen Zeit auf der Welt so viele Kriege und Unheil gibt und Jesus eigentlich den Frieden wollte; aber auch nicht so, dass es Sie gar nicht berührt, wenn Menschen in unserer Zeit verfolgt und ausgebeutet werden und Ihr Kopf das ganz cool erklärt: es ist so weit weg, drei bis vier tausend Kilometer von uns entfernt, und wir können sowieso nichts tun.

In der Lesung aus dem Buch Jesaja wird Gott als Tröster und als Sieger über die Angst dargestellt. Gott geht auf solche Gefühle ein, die das Leben lähmen und bremsen: auf die Trauer und auf die Furcht. Er will sie dauerhaft besiegen, weil es ihn berührt, wenn Menschen, die zur Freude und zur Fülle des Lebens geschaffen wurden, in der Trauer und in der Angst untergehen. Sein Lösungsvorschlag sollte eine dauerhafte Hilfe bieten. Er geht anders als viele irdische Helfer vor, die ständig neue Reize produzieren und die mit Ablenken und mit Konsum die aufgewühlten Herzen betäuben wollen. Er will uns Menschen nicht mit materiellemReichtum beschenken, sondern mit Fürsorge und Gerechtigkeit. Er gibt uns zu spüren, dass wir von ihm behütet werden und zum Leben im inneren und im äußeren Frieden berufen sind.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wir glauben an einen Gott, der mit uns mitfühlt und auf unsere Nöte und Sorgen eingeht. Wir glauben an einen Gott, der ein Herz hat, um für uns Menschen seine Heilspläne zu entwerfen – und sie heißen Jesus Christus. Der Advent ist die Vorbereitung auf die Begegnung genau mit ihm in Jesus Christus, der uns Trost spenden und Angst nehmen will. Der Advent ist die Zeit, in der das Herz und der Verstand auf ihn ausgerichtet werden, abgestimmt auf seinen Wunsch, bei uns anzukommen.

Was muss man da tun? Wie bereitet man sich eigentlich auf Gott vor?

Gott will nicht viel von uns und verlangt nicht zuerst eine Leistung, um bei uns anzukommen, sondern eine Antwort, nachdem er bei uns eingekehrt ist, weil er bei uns bleiben möchte. Er will, dass wir Menschen des Herzens und des Verstandes werden; dass wir spüren wo unsere Menschlichkeit gefragt ist und wir bereit sind, sie in Tat umzusetzen. Gott will, dass wir die Wege unseres Lebens ebnen, dass wir alles, was krumm ist, begradigen und dadurch das Gefühl bekommen, dass er gerne unser Gast ist. Und er will, dass wir uns Jesus zum Vorbild nehmen. Denn in ihm zeigte sich Gottes Lebensweise: wie Gott fühlt, wie Gott mit den Menschen umgeht, was er von jedem, der Weihnachten feiert, erwartet.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die meisten Straßen unserer Städte sind bereits auf Weihnachten vorbereitet. Die Sterne und Engelsgestalten beleuchten die dunklen Abendstunden. Dadurch und durch vieles mehr sollten die Gefühle auf das besondere Fest des Friedens geweckt werden; auf ein Fest der Begegnung mit Gott mitten im Leben. Ich wünsche uns allen, dass wir in den kommenden Tagen erspüren, worum es Gott zu Weihnachten geht. Ich wünsche uns, dass wir auch unsere Herzen und unseren Verstand vorbereiten und uns bei uns selbst wohlfühlen, weil Gott mit uns und bei uns die Geburt Jesu feiern will.

Slawomir Dadas, Pfarrer