Predigt und Texte zur Radiomesse

Einleitung

Ich begrüße Sie am Fest der Auferstehung Jesu sehr herzlich, besonders auch jene, die über das Radio mit uns verbunden sind.
Der Friede unseres auferstandenen Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Kraft des Heiligen Geistes sei mit Euch.

Man kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass auch alle Getauften Ostern als das zentrale Fest ihres Lebens betrachten. Auch wenn uns die Nahrungsmittelindustrie durch die Schoko Osterhasen, Ostereier, spezielle Bäckereien das Fest zu bewerben versucht, bleibt es bei einigen scheinbar nur noch auf der Oberfläche. Aber Ostern sollte doch einen prägenden und andauernden Einfluss auf unser Leben haben. Ostern sollte unsere Lebenshaltung grundsätzlich verändern.

Darum wollen wir in der heutigen Feier Gott nicht nur danken und unsere Freude zum Ausdruck bringen, sondern auch darüber nachdenken: Was bedeutet es im Alltag, ein österlicher Mensch zu sein? Was bedeutet es, die österliche Haltung anzunehmen und dadurch einen Halt im Leben zu gewinnen? Besinnen wir uns kurz darauf und mit den Kyrierufen bitten Gott um sein Erbarmen.

Eine Woche lang kann die Messe mit nachstehendem Link nachgehört werden.
ORF Sound

Predigt

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
auch wenn die Begriffe halten und klammern nahe beieinander liegen, gibt es zwischen ihnen einen großen Unterschied, der nicht immer wahrgenommen wird. Wenn ein Kind mit der Mutter Hand in Hand geht, kann es ein Halten sein, ein Ausdruck der gemeinsamen Nähe, der Zugehörigkeit zu einander oder auch ein Klammern, aus Angst, die Hand der Mama loszulassen und frei herum zu laufen. Halt-Haben ist etwas Schönes. Es befähigt einen Menschen, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken und ohne Ängste neue Herausforderungen anzunehmen. Es hilft, die Vielfalt und die Veränderungen des Lebens nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu sehen. Es ermutigt immer wieder zu neuen Aufbrüchen.

Klammern ist fast ein Gegenteil dazu. Jemand, der klammert, steckt fest in dem bisher Erreichten und Gewohnten. Ein solcher Mensch kann nur schwer das Unbekannte zulassen und sein Leben wird vor allem aus den Ängsten der Vergangenheit gestaltet.

In dem heutigen Evangelium hören wir den Satz Jesu an Maria: „Halte mich nicht fest“. Ich deute diesen Satz als: Maria, klammere Dich nicht an die Vergangenheit mit mir. Schau nach Vorne, traue Dich, das Gewesene loszulassen und lass Dich auf die Zukunft ein. Dieser Satz „Halte mich nicht fest“ musste Maria sehr betroffen gemacht haben, denn die Zeit mit Jesus hat ihr Leben verändert, sie zu einem neuen Menschen gemacht. Sicher lebte sie gerne in den Erinnerungen an das heilende Wirken Jesu. Sicher erzählte sie bei jeder Gelegenheit, wie er durch sein Leben und seine Taten Gott sichtbar und greifbar gemacht hat. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, all das loszulassen und die neue Wirklichkeit anzunehmen und zu gestalten. Es ist die Zeit gekommen, durch das eigene Leben – an Jesu Stelle – den Menschen Gott spürbar zu machen. So geht sie zu den Jüngern als erste Zeugin des Auferstanden. Sie fängt an, nicht mehr an den bisherigen Sicherheiten festzuhalten, sondern zum zweiten Mal das Leben zu verändern, um es diesmal auf Jesus, der zum Vater geht, auszurichten. Das macht sie zu einem österlichen Menschen.

Ostern ist ein Fest, das uns Halt geben will, indem es uns einlädt, alles loszulassen, was keine wahre Sicherheit gibt. Ostern ist ein Fest, an dem unsere Augen geöffnet werden sollten und wir zum Sehen beginnen, wo wir uns selbst im Weg stehen, um dem Auferstandenen nachzufolgen, wo wir in der Vergangenheit hängen und nicht Neuwerden können. Ostern ist ein Fest, an dem wir immer wieder an die christliche Haltung erinnert werden. Aber was heißt eigentlich christliche Haltung? Leben wir doch nicht in einer durch und durch christlichen Gesellschaft?

Ein anonymer Schriftsteller des 3. Jahrhunderts versucht dem Wesen der christlichen Haltung nachzugehen. Er schreibt im Brief an Diognes: „Die Christen unterscheiden sich von den anderen nicht nach Land, Sprache oder Gebräuchen. (…) Sie wohnen in den Städten der Griechen und der Barbaren, wie es einem jeden das Los beschieden hat, und folgen den jeweils einheimischen Gesetzen und Kleidung, Nahrung und im ganzen übrigen Leben. Wie sie jedoch zu ihrem Leben als solchem stehen und es gestalten, darin zeigen sie eine erstaunliche und, wie alle zugegeben, unglaubliche Besonderheit“

Die christliche Haltung heißt also, zum eigenen Leben so zu stehen, wie Jesus zu seinem gestanden ist, das eigene Leben als eine Sendung zu sehen, damit die Menschen das Heil Gottes erfahren können. Die christliche Haltung bedeutet frei zu sein für Gottes- und Nächstenliebe und nicht zu klammern an dem, was einst zum Staub zurückkehren wird.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Ostern ist ein Fest des Sieges; des Sieges über den Tod, des Sieges über die zerstörerischen Mächte des Bösen. Ostern ist aber auch ein Fest der Befreiung: Befreiung vom Klammern und Festhalten an dem, was uns hemmt, aus dem gewohnten Sicherheitsdenken auszutreten und auf Gott zu setzen. Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, dem Beispiel Maria von Magdala zu folgen und frei das Leben auf den Auferstandenen auszurichten. Ich wünsche uns, dass wir zu österlichen Menschen werden, die sich nicht durch Gesetze, Kleidung oder Traditionen von den anderen unterscheiden, sondern durch ihre Einstellung zum Leben und zum Tod. Ich wünsche uns, dass wir als Befreite leben, die nach dem streben, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt.

Fürbitten

Priester: Gott, als österliche Menschen wollen wir leben und dich in der Welt bezeugen, darum bitten wir voll Vertrauen

L: Befreie die Verantwortlichen in der Kirche vom Klammern an Traditionen, die nur ein System bewahren und nicht im Dienst des Lebens stehen.

L: Befreie die Seelsorgerinnen und Seelsorger vom Klammern am Gewohnten und schenke ihnen Mut und Fantasie in der Verkündigung deiner Botschaft.

L: Stärke Kinder und Jugendliche, die sich auf die Erstkommunion und auf die Firmung vorbereiten in ihrem Vorsatz, Jesu Freunde zu sein

L: Stärke Kranke und Notleidende beim Tragen ihrer täglichen Kreuze

L: Öffne unseren verstorbenen die Tore der Ewigkeit, damit sie mit Christus dem Auferstandenen in deinem Reich der Liebe und des Friedens leben können.

L: Öffne unsere Herzen für deinen Ruf der Nachfolge, damit wir als österliche Menschen in der Welt Zeugnis von dir ablegen können.

P: Dir sei Lobpreis und Ehre, jetzt und in Ewigkeit. Amen.

Predigt und Texte: Slawomir Dadas
Pfarrer