Predigt bei der Verabschiedung von Sigrun Savoy

„Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt.“ Mt 5, 3-12

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
haben Sie heute schon einen Kräutertee getrunken? Haben Sie bewusst einen Beruhigungstee genommen, der Ihre Gefühle dämpft, also einen Baldriantee oder einen aus den Blättern der Melisse? Und wenn Sie nach der Verabschiedung nach Hause kommen, wird wahrscheinlich eine Duftlampe Lavendelaroma in der Wohnung versprühen, wodurch Sie zur Ruhe kommen können. Und mit der Zeit, wenn die Trauer immer wieder zurückkommt, dann werden Sie wahrscheinlich ein Johanniskrautmittel anwenden, das die Seele aufhellt – also antidepressiv wirken sollte.
Nein, ich betreibe hier keine Werbung für Alternativmedizin und ich habe nicht vor, Sie zu belehren, wie Sie mit Ihren Gefühlen nach dem Tod eines lieben und geschätzten Menschen umgehen. Als Gläubige suchen wir die Lösung sowieso nicht in den Heilmitteln, die die Welt uns anbietet, sondern im Glauben an die Auferstehung, an die Gemeinschaft über den Tod hinaus, an den Austausch zwischen den Welten, der himmlischen und der irdischen, der im Gebet, im Gedenken, im Lieben und Für-Einander-Sorgen weiterhin passiert.
Da aber eines der Lieblingsthemen von Sigrun die Kräuter waren, möchte ich mich in dem kurzen Anriss ihres Lebens und ihrer Wirkung des Bildes einer Kräuterpflanze bedienen und als Verwurzelung, Blütezeit, Früchte und Nachwirkung darstellen.

Verwurzelung
Sigrun hat ihre Wurzel in Südtirol. Dort ist sie am 6. April 1961 geboren. Dort ist sie aufgewachsen, hat sie die Schule besucht und die Ausbildung zur Köchin gemacht. Die Natur –  Berge, Wiesen, Wälder voller Schwammerl – haben sie geprägt und zu einem naturverbundenen Menschen gemacht. Auch wenn sie weit weg von Zuhause war, ist sie eine echte Südtirolerin geblieben, stolz auf ihre Heimat, auf ihre Familie. Der Tod ihres Vaters, zu dem sie eine enge Beziehung hatte, hat sie sehr getroffen.

Blütezeit
Wann und wo die Blütezeit der Sigrun begann, lässt sich zuerst schwer sagen. War das der Autounfall bei der Fahrt zur Pizzeria, der Norbert und Sigrun zusammengebracht hat, was wiederrum das Fundament für die Familie und das Leben von Ulrike und Gabriel geworden ist. War das die Übersiedlung nach Oberösterreich und die Zeit der Arbeit in Puchberg, die Sigrun in unserer Diözese kirchlich sozialisierte und ihr den Geschmack der theologischen Fort- und Weiterbildung vermittelte. Oder die Zeit in der Pfarre Wels-Pernau, wo sie die ersten Schritte in der Pastoral machen durfte. All das hat sie für schwierige Situationen sehr sensibel gemacht und vor allem auch dankbar für die Chancen, immer wieder neu beginnen zu können.

Früchte
Die Früchte in Form ihres Lebens und ihres Engagements haben zuerst Norbert, die Kinder, die Marie Sophie und natürlich wir in der Pfarre, im Dekanat oder auch in der Diözese genießen können. Sie war eine verständnisvolle Ehefrau, eine Mama, die immer für die Kinder da war, wenn sie gebraucht wurde, eine stolze und liebevolle Oma.
In der Pfarre haben wir in Sigrun eine aufmerksame Kollegin und Freundin gehabt, die sich in den Dienst gestellt hatte, ohne sich nach vorne zu drängen; die übernommenen Aufgaben waren ihr wichtig, nicht ihre eigene Darstellung. Zu ihren Stärken gehörte die Fähigkeit, sich auf Menschen aller Generationen einzulassen, ihnen zuzuhören, für sie da zu sein; ob das der damals kleine Albert war, der noch im Kindergarten einen regen Briefaustausch mit Sigrun pflegte oder die Jugendlichen, die sie bis vor einem Jahr begleitete oder auch die Senioren und die Trauernden, denen sie immer eine gute Zuhörerin und Trösterin war und sie immer wieder mit den kleinen Aufmerksamkeiten bedachte und aufmunterte. Die Aktion Kilo, die Schuhputzaktion oder das Einkaufengehen mit den Bedürftigen, unterstreichen ihre soziale Ader. In ihrem Engagement als Betriebsrätin hatte sie immer den konkreten Menschen vor Augen, für den man hier und dort auch die Stimme erheben muss.

Nachwirkung
Da der Wert einer Heilpflanze aufgrund ihrer Wirksamkeit festgelegt wird, möchte ich mich noch der Nachwirkung von Sigrun ein wenig widmen. Ihre fürsorgliche Art wird bei Euch in der Familie lange nachwirken. Und Ihr könnt sicher sein, dass sie sich weiterhin um Euch sorgt, Euch weiterhin im Herzen trägt.
Ihre stille, aufmerksame und einfühlsame Art als Seelsorgerin wird bei uns in der Pfarre nachwirken. Neben der Familie war die Pfarre der Ort, an dem sie daheim war und auch so wirkte. Sie packte überall zu, wo es nötig war, ohne zu überlegen, ob das gerade ihre primäre Aufgabe war. Sie war bodenständig und strahlte Ruhe und Gelassenheit aus und war immer bereit, als Kollegin die anderen zu entlasten.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Heilkräuter wirken, indem sie nicht am Feld bleiben, sondern unter die Menschen gebracht werden. So möchte ich das Leben und das Wirken von Sigrun mit dem Leben und Wirken der Heilpflanzen vergleichen. Von Gott geschenkt, uns zur Verfügung gestellt, hat sie ihre heilenden Kräfte versprüht und eingesetzt. Vielen Menschen hat sie als Seelsorgerin geholfen, am Leben wieder Freude zu gewinnen, den Lebensweg ermutigt zu gehen. Für sie und mit ihr danken wir jetzt Gott, der uns durch Sigrun an seinen heilenden Kräften hat teilnehmen lassen. Und wir bitten für sie, dass Gott sie mit seinem Heil beschenkt, in dem das Leid und das Unvollendete ins Leben in Fülle gewandelt werden.

Slawomir Dadas
Pfarrer

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